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Ausstellungen: Berlin/Baden-Baden · von Michael Nungesser · S. 309 - 310
Ausstellungen: Berlin/Baden-Baden , 2000

Michael Nungesser

»Yume no Ato –
Was vom Traum blieb…«

Zeitgenössische Kunst aus Japan
Haus am Waldsee, Berlin, 10.6. – 27.8.2000
Staatliche Kunsthalle, Baden-Baden, 10.9. – 5.11.2000

Kunst als Existenzbewältigung kann zu ganz unterschiedlichen Ergebnissen führen. Die Arbeiten der beiden japanischen Künstler Tsuyoshi Ozawa und Chiaki Wada, die zu den größten und spektakulärsten der Ausstellung zählen, zeigen es. Ozawa hat im großen Ausstellungsraum einen schräg bis fast zur Decke reichenden Berg von 200 bunt gemusterten Futons aufschichten lassen. Besucher können seine Installation “Twilight Jizoing”, nach Abstreifen der Schuhe und mehr kriechend denn laufend, auch besteigen. Oben angelangt kann man bäuchlings ruhen, meditieren. Statt Ausblick Blickhemmung: auf der Wand reihen sich Fotos höchst belangloser, alltäglicher Unorte. Kunst als Ablenkung und spielerische Aktion, als Flucht nach innen, “um der Realität zu entfliehen”, wie Ozawa in einem Text bekennt, der nicht ohne Hintersinn sein künstlerisches Credo zum Ausdruck bringt.

Auch für Wada hat Kunst therapeutische Funktion. Sie ist ganz handgreiflich, praktisch. Seine Werke gingen aus Leben und Erziehung mit Sohn Aigo hervor, der aufgrund einer Gehirnschädigung behindert ist: hölzerne Klettergerüste, ein handgebauter Stuhl, Trainingsgeräte sowie Zeichnungen, die in Zusammenarbeit mit dem Sohn entstanden, und theoretische Reflexionen ergeben “The Art of Different Abilities”. Die Neonleuchtschrift “Jeder ist behindert” verweist auf die didaktische Absicht seiner Installation. Das Leben mit dem Sohn hatte eine Krise und fünfjährige Unterbrechung von Wadas künstlerischen Arbeit ausgelöst, die ihn von der Notwendigkeit überzeugte, die gesellschaftliche Bindung der Kunst zu rehabilitieren.

Beide Arbeiten gehörten zu der Ausstellung “Yume no Ato – Was vom Traum blieb…”…

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von Michael Nungesser

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