0. Ästhetik der Existenz
Montaignes Begriff vom subject meint ein kristallines Selbst mit einer Vielzahl von Aspekten bis hin zur Widersprüchlichkeit. … Weil die Widersprüche in der Welt, die man postmodern nennt, dominierend geworden sind; weil es keine Ideologie mehr gibt, die ihre “Aufhebung” vorschlagen könnte; weil die Skepsis vorherrscht gegen jede Verabsolutierung einer Wahrheit – aus all diesen Gründen scheint nach der Postmoderne die Zeit für eine als Lebenskunst verstandene Ethik gekommen zu sein. Die Frage der Lebensgestaltung ist ein Thema für die Individuen, die sich aus der Umklammerung der Ideologie wie der Metaphysik befreit haben.
Wilhelm Schmid
Wer im Konzept der Lebenskunst apolitische Rückzugsgefechte ins Private glaubt ausmachen zu können, die dem Hedonismus der Yuppie-Kultur in den achtziger Jahren Tribut zollen, verkennt seine eminent politische Stoßrichtung: Foucaults Konzept der Lebenskunst richtet sich “gegen alle schon vorhandenen oder drohenden Formen von Faschismus”. Durchgängiger Zielhorizont bei der Analyse der moralischen Schriften der Antike ist ein genuin aufklärerischer: die Konstituierung einer nicht fremdbestimmten, sondern selbstbestimmten Existenz.
Markus Schroer