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Ausstellungen: Wien · von Dieter Buchhart · S. 371 - 372
Ausstellungen: Wien , 2006

Dieter Buchhart
Asger Jorn

»Central Figure. Ausgewählte Arbeiten 1939-1972«
BAWAG FOUNDATION, Wien, 13.10.06 – 2.12.2006

Auf Flohmärkten suchte Asger Jorn Ende der 1950er Jahre dem Realismus und Naturalismus verhaftete Gemälde, um diese zu modifizieren. Dabei schlug er im Namen von COBRA vor: “alte Gemälde zu verbessern, ja ganze Sammlungen und Museen. Ich habe bereits mit Werken von Raffael, Monet, Braque und Dalí begonnen. Die letzten beiden sind dabei die besten. Ich fordere Sie auf, desgleichen zu tun, vor allem mit Mondrian und den meistgeschätzten Klassikern, und zwar in einer Art und Weise, dass das Original unter der Farbe sichtbar bleibt… Ich schlage vor, dass wir über die Bilder malen, um ihre Aktualität zu erhalten und sie vor dem Vergessen zu bewahren.”

Obwohl Jorn niemals Raffael, Monet, Braque, Dalí oder Mondrian “verbessert” und “aktualisiert” hat, sind seine Übermalungen außerordentlich radikal, da er mit Originalen arbeitete, selbst vor dem Hintergrund, dass diese de facto entwertet am Flohmarkt gelandet sind. Doch Jorns “Defigurationen” scheinen sich weniger gegen die Kunstgeschichte als vielmehr gegen den bürgerlichen Geschmack zu richten. So attackierte Jorn in “Fraternité avant tout” von 1962 ein liebliches Doppelkinderporträt mit offenen, teils ungelenken Pinselstrichen, ergänzte einen Bart, ließ rote Farbe auf das Gesicht des anderen Kindes tropfen, übermalte Passagen und ergänzte sie wieder. Jorns Überarbeitungen sind stets von einem Wechselspiel zwischen seinen Zufügungen und dem originalen Gemälde geprägt, lassen das “Original unter der Farbe sichtbar bleiben”, wodurch ein collagenartiger Effekt entsteht. Er verunstaltet das Gemälde als Angriff auf ein spießbürgerliches Kunstverständnis und schafft zugleich mit seiner…



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