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Titel: Pläne - Projekte - Perspektiven · S. 137 - 138
Titel: Pläne - Projekte - Perspektiven , 1990

Jürgen Raap
Ausverkauf?

Es sollte zur Definition des Museums gehören, daß Kunst hier nicht mehr verkauft werden kann. Museen sollten die Orte sein, an denen Kunstwerke nicht käuflich sind. Ohne Ausnahme, in keinem Fall. Auch dann nicht, wenn der Direktor meint, ‘Schund’ in seinen Depots zu haben. Denn für den bekommt er eh nichts. Ein Privatsammler ist frei, zu kaufen und zu verkaufen, wann und wo und was er will. Ein Museum ist es nicht. Es hat einen volksbildnerischen Auftrag der Öffentlichkeit zu erfüllen. Es soll Bilder, geordnet in einen geistigen Kontext, der Öffentlichkeit zugänglich machen und ihr Verständnis fördern.” Mit solch harschen Worten wandte sich Wieland Schmied in der “Welt” (13.8.1990) gegen eine höchst bedenkliche Praxis: Das New Yorker Guggenheim-Museum kaufte dem Grafen Panza di Biumo im italienischen Varese Teile seiner Minimal-art-Kollektion ab. Finanziert wurde diese Transaktion teilweise dadurch, daß das Museum sich von einem Kandinsky-Werk trennte – für umgerechnet 34 Mill. DM. Um den Erwerb des Van-Gogh-Bildes “Portrait des Briefträgers Roulin” abrechnen zu können, überließ das Museum of Modern Art einem Auktionshaus Bilder von de Chirico, Picasso und Mondrian für insgesamt 18 Mill. DM. Was für die privatwirtschaftlich organisierten US-Museen gängig sein mag, ist auf den öffentlichen Kulturbesitz in Deutschland noch lange nicht übertragbar – weder rechtlich noch strukturell oder kulturpolitisch. Wieland Schmieds Gegenvorschlag einer stärkeren Kooperation der Museen mit potenten Privatsammlern, ein “Sammlermuseum” mit Beständen auf Zeit, stößt bei den befragten Institutsdirektoren freilich auf wenig Gegenliebe: Das Besitzdenken überwiegt, das Wort “Leihgabe” suggeriert Abhängigkeit von den Launen des…


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