Christian Bracht
Dirty Data
Sammlung Schürmann
Ludwig Forum für internationale Kunst, 18.6. – 16. 8.1992
Die im vergangenen Jahr von der kommunalen Kulturbürokratie erfolgte Ernennung des Aachener Ludwig Forums zur “Sammlerstätte” konnte nun erstmals mit Ausschnitten aus der Kollektion des Aachener Sammlers und Fotokünstlers Wilhelm Schürmann in der Praxis bestätigt werden, vom Dauersolisten Peter Ludwig abgesehen. Schürmanns Sammlung zeitgenössischer Kunst, in Teilen zeitgleich in “Ars pro Domo” im Kölner Ludwig Museum zu sehen, hat ihre facettenreiche Vorgeschichte. Der Verkauf eines Konvoluts tschechischer Fotografien ans Getty Museum ermöglichte 1984 eine Schwerpunktverlagerung in Richtung auf die nordamerikanische und westdeutsche Szene, der sich Schürmann zugleich als Berufsfotograf annahm. Einen besonderen Stellenwert hatte das Sammeln für Schürmann schon, bevor es um den systematischen Erwerb zeitgenössischer Kunst anderer ging, vertrat er doch in den 70er Jahren mit seiner seriellen Dokumentationsfotografie von Alltagssujets den Typus des sammelnden Künstlers. Später richtete Schürmann die Kamera auf die Gesichter derjenigen Künstler, deren Werke zum jeweiligen Zeitpunkt ihres erfolgversprechenden Überschreitens der kunstbetriebseigenen Bewußtseinsschwelle für den Aufbau einer Kunstsammlung in Frage kamen. Als vertraglich legitimierter Gastkurator des Ludwig Forums entwarf Schürmann mit “Dirty Data” aus Werken seiner binational orientierten Sammlung eine dichte Inszenierung. Der vortreffliche Katalog ist ebenfalls von eigener Hand. Mit diesen sowohl strategisch wie ästhetisch findigen Eingriffen in die Präsentations- und Dokumentationsformen seines unter öffentlichem Dach versammelten Besitzes unterstreicht Schürmann einmal mehr, daß veröffentlichte Privatsammlungen des 20. Jahrhunderts in erster Linie Orte der Kanonisierung aktueller Kunst sind. Dies erhellt, unter welchem Kalkül etwa Werke von Martin Kippenberger, eines der Favoriten von “Dirty…