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Titel: Parasitäre Strategien · von Eric Kluitenberg · S. 80 - 93
Titel: Parasitäre Strategien , 2007

Eric Kluitenberg
Eine erhabene Begegnung

Bemerkungen zur Kunst und zum Terrorismus

“Stellen Sie sich vor, ich könnte jetzt ein Kunstwerk schaffen und Sie wären alle nicht nur erstaunt, sondern Sie würden auf der Stelle umfallen, Sie wären tot und würden wiedergeboren, weil es einfach zu wahnsinnig ist. Manche Künstler versuchen doch auch über die Grenze des überhaupt Denkbaren und Möglichen zu gehen, damit wir wach werden, damit wir uns für eine andere Welt öffnen.”

Jeder Schöpfungsakt ist automatisch und zwangsläufig auch ein Akt der Zerstörung. Die Verwandlung eines abstrakten Konzepts, einer Idee, einer Empfindung oder eines Gefühls in eine einzigartige Form im Raum und in der Zeit löscht unendlich viele andere mögliche einzigartige Formen aus. Bedeutung zu schaffen bedeutet automatisch, dass man diesem unendlichen Möglichkeitsraum, wie willkürlich auch immer dieser sei, Beschränkungen und Grenzen auferlegt. In den Künsten wird diese Unendlichkeit durch die theoretisch unbegrenzten Modi des Sprechens, der Repräsentation oder der gestalterischen Erfindung konstituiert. Diese Unendlichkeit wird genau in dem Augenblick ausgelöscht, in dem man sich für eine bestimmte Form entscheidet, in dem man eine bestimmte Redeweise verwendet oder sich eines bestimmten Repräsentationssystems bedient.

Der französische Philosoph und Ästhetiker Jean-François Lyotard hat darauf hingewiesen,1 dass den Avantgarden, den technischen Wissenschaften und dem avancierten Kapitalismus eine tiefe Affinität zu dieser Unendlichkeit gemein ist. Die Avantgarden demonstrieren die Unendlichkeit der gestalterischen Erfindung, die technischen Wissenschaften demonstrieren die Unendlichkeit des Wissens und der avancierte Kapitalismus demonstriert die unendliche Fähigkeit, Dinge zu realisieren.2 Das Problem ist natürlich, dass die Unendlichkeit selbst sich aufgrund ihres grenzenlosen Charakters nicht…


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von Eric Kluitenberg

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