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Titel: 54. Biennale Venedig · von Susanne Boecker · S. 252 - 253
Titel: 54. Biennale Venedig , 2011

Estland

Liina Siib – A Woman Takes Little Space. Ort:?Palazzo Malipiero (first floor), San Marco 3079

Apfelstrudel, Mohnstrudel, Quarkstrudel, gedrehter, gezwirbelter, gewickelter, gerollter Strudel, Strudel mit Streuseln und ohne, Strudel, Strudel, Strudel. In der Nacht schuften die Frauen in der Backstube, schleppen schwitzend Teigmassen heran, verteilen Füllungen, hieven Bleche in die Öfen und wieder hinaus… Übernommen wird das fertige Backwerk am Morgen von Kolleginnen, die es aus winzigen Kiosken an den Bahnstationen von Tallinn unter’s Volk bringen. Das Dokumentarvideo über die Billigbackstube ist Teil der Ausstellung „A Woman Takes Little Space“ – „Eine Frau braucht wenig Raum“, die Liina Siib (geb. 1963) im estnischen Pavillon eingerichtet hat. In sechs konzeptuell miteinander verknüpften Rauminstallationen setzt sich die Künstlerin mit verschiedenen Aspekten des sozialen Lebens von Frauen auseinander.

Vier Jahre lang, von 2007 bis 2011, hat Siib an einem beeindruckenden Porträtzyklus gearbeitet, der Frauen unterschiedlicher Altersgruppen und sozialer Schichten an ihrem Arbeitsplatz zeigt. Er bildet sozusagen das Entree in dieses Kunst-Appartment, mit einem akkurat aufgeräumten Wohnzimmer, wo im Fernsehen der Film „A Room of One’s Own“ läuft, eine Dokumentation über Hausfrauenleben in einer neuen Vorstadt in der Nähe von Tallinn. Die Video-Installation „Averse Body“ im nächsten Raum besteht aus anonymen Interviews, die Siib während nächtlicher Taxifahrten mit Prostituierten geführt hat. Darin geht es um Selbst- und Körperbilder, um die Arbeitssituation usw. Einen mit zwei schmalen Schlafstätten ausgestatteten Huren-Arbeitsplatz hat die Künstlerin zwei Türen weiter eingerichtet. Männer haben in dieser Ausstellungswohnung verständlicherweise kaum Platz, nur einen gibt es: er singt hinter dem Duschvorhang verborgen.

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