Christian Kravagna
Felix Gonzalez-Torres
Rudolf Stingel
Neue Galerie am Landesmuseum Joanneum, Graz, 27.1. – 6.3.1994
Die Fakten: Zu Anfang und Ende der Installation ein schimmernder Glasperlenvorhang (Gonzalez-Torres) über die gesamte Raumbreite, dazwischen ein schwarzer Teppichboden (Stingel) über vier dunkle Räume hinweg.
Der Funktionswandel vom privaten Wohnraum zum öffentlichen Bildungs- und Erlebnisraum ist Geschichte und Schicksal nicht weniger heutiger Ausstellungsinstitutionen. Die Grazer Neue Galerie im barocken Palais Herberstein ist mit ihren überreich dekorierten Repräsentationsräumen (Spiegelsaal, Roter Salon, Gelber Salon) Extrembeispiel eines solchen Funktionswandels, welcher immer auch unter dem Gesichtspunkt der sozialgeschichtlichen Veränderungen von der feudalistischen zur demokratischen Gesellschaftsordnung zu sehen ist. Daß sich republikanisch legitimierte Kultur solche Räume erobert, steht als gesellschaftliches Zeichen für sich; auf der anderen Seite schließt sich gerade an diese Tatsache die Überlegung an, wie sehr diese Kultur tatsächlich demokratisch ist, wenn sie sich im geschichtsträchtigen feudalen Ambiente repräsentiert.
Beide vom Charakter des konkreten Raums aufgeworfenen Problembereiche, der von Privatem und Öffentlichem sowie jener der Demokratisierung, sind grundlegende Aspekte der Arbeit sowohl von Felix Gonzalez-Torres als auch von Rudolf Stingel. Darin ist die inhaltliche Legitimation ihrer Zusammenarbeit zu sehen, wie auch die prädestinierte Rolle der Neuen Galerie als Ort dieser Gemeinschaftsarbeit. Am deutlichsten hat Gonzalez-Torres in seinen “Caption Pieces” die Definition von “öffentlich” und “privat” zur Diskussion gestellt, Plakataktionen im New Yorker Stadtraum, die an historische Ereignisse gebundene Daten mit solchen der persönlichen Geschichte vermischen und mit der darübergelagerten schwarzen Fläche dem Passanten Raum für die eigene Projektion in diese Geschichte(n) boten. Das Plakat mit dem Foto von Gonzalez-Torres’ verlassenem Doppelbett projizierte…