vorheriger
Artikel
nächster
Artikel
Titel: Lebenskunst als Real Life · von Konrad Köstlin · S. 194 - 204
Titel: Lebenskunst als Real Life , 1998

WOLFGANG PAUSER / ANDREA HURTON / KONRAD KÖSTLIN
Grenzästhetik

ÜBER LIFESTYLE-PHILOSOPHIE, CULTURAL SURFING UND DIE POLYPHONIE DER DINGE

Der Begriff Lifestyle hat in den 80er Jahren eine dreifache Karriere gemacht: In den Sozialwissenschaften trat an die Stelle des alten Klassenbegriffs die Klassifikation der Lebensstile, wenn es galt, in den diffusen Neuordnungen einer zu Reichtum gelangten Konsumgesellschaft weiterhin Unterscheidungen treffen zu können. Die Gebrauchsdinge des Alltags hatten sich mittels Design in Elemente einer Zeichensprache verwandelt, in der die Gesellschaft über sich selbst kommunizierte. Als Medium betrachtet avancierten die Lebensstile zum substanziellen sozialen Band.

In den Marketing-Wissenschaften wurden die ausdifferenzierten Lebensstile in Zielgruppen umgemünzt und von Erkenntnissen zu Taten geschritten. Zwischen der zielgruppenorientierten Produktgestaltung und der Aneignung von stilistisch zusammenhängenden Warenensembles durch die Konsumenten vermittelten als dritte Instanz die Medien. Innovativ gestaltete Hochglanzmagazine prägten den Begriff “Lifestyle” als einen ganz besonderen Lebensstil; einen, der in der zirkulären Verknüpfung von empirisch beobachteten Konsumpräferenzen und deren Propagierung durch die Werbung bestand.

Freundschaft zwischen Ästhetik und Ökonomie

Inbegriff von Lifestyle wurde der “Yuppie-Stil”, der ästhetische Urteile durch kodifizierte Markenwerte ersetzte, über die ein Konsens hergestellt werden konnte. Gegen alle Erfahrungen der Moderne wurde diesem Stil, dem Lifestyle im engeren Sinne, Ewigkeitswert zugesprochen. Die Idee des “Klassischen” sollte alle Zeitlichkeit abschütteln, man bewegte sich in Maßanzügen auf Marmorboden. Nicht erben, sondern mittels Börsenspekulation und Sechzehnstundentag erarbeiten sollte man die traditionellen Insignien der Aristokratie. Fleiß, ökonomischer Erfolg und Ästhetisierung der Lebenswelt schienen damals konfliktfrei Hand in Hand zu gehen.

Wie jede Mode wurde auch die des Lifestyle rasch hinweggefegt und durch ihr Gegenteil…


Kostenfrei anmelden und weiterlesen:

  • 3 Artikel aus dem Archiv und regelmäßig viele weitere Artikel kostenfrei lesen
  • Den KUNSTFORUM-Newsletter erhalten: Artikelempfehlungen, wöchentlichen Kunstnachrichten, besonderen Angeboten uvm, jederzeit abbestellbar
  • Exklusive Merklisten-Funktion nutzen
  • dauerhaft kostenfrei