Baden-Baden
State and Nature
Staatliche Kunsthalle 17.07.–31.10.2021
von Ellen Wagner
Gigantische Türme und Tempel, gepanzerte Gesten, Äxte, Totenköpfe, dann tentakelgleich sich schlängelnde und schraubende Gewächse, getaucht in giftiges, grasiges Grün, umrieselt von weißen Flöckchen, deren Anmutung zwischen Winterwunderland und nuklearem Niederschlag changiert. Neda Saeedi hat all das, wie als Reminiszenz an Mike Kelleys Kandors, 3Dgedruckt in Schneekugeln verpackt. Modell standen Bruchstücke aus Sci-Fi-Szenarien – einer Bildsprache fantastischer Welten, in denen diverse Spezies koexistieren, oft geprägt von kriegerischen Fehden: Kollektiv konsumierbare martialische Idylle. Die in Neuseeland gedrehte Herr der Ringe-Saga wirkt heute ebenso als Tourismus-Motor wie der Atomunfall in Chernobyl.
Auch in Kunst und Popkultur ist der Verlust von Lebensraum durch menschliche Einflüsse zum Allgemeinplatz von spektakulärer Dringlichkeit geworden. Die Staatliche Kunsthalle Baden-Baden nimmt sich nun in diesem Komplex die Rolle des Staates im Verhältnis zur Natur vor, deren „Gewalten“ unseren Alltag und einander prägen. Nach dem imposanten Einstieg mit Saeedis Two Shades of Green (2021) aber verklingt der Impetus in eher bemühten Begegnungen zwischen einzelnen, für sich oft eindrücklichen, Arbeiten. So stehen die als Dialog angekündigten Werke des Landschaftsmalers Andreas Achenbach (1815 – 1910) und das Soundprojekt Robodynamische Diffusion (Michael Akstaller, Nele Jäger, Oliver Mayer, Jan St. Werner) recht unschlüssig nebeneinander. Beide bringen Räume als gestimmte Kompositionen und Instrumente zum Klingen, doch fehlt der Kontext, um eine synästhetische Verbindung zu vernehmen. Henrik Olesens Extinguished Match 1987 After Claes Oldenburg (2010) – ein wie zur Wippe gebogenes riesiges abgebranntes Streichholz aus Pappmaché – erstarrt in Kombination mit Simone Demandts Fotoserie einer gefällten Weide zum…