Edgar Schmitz
The Spirit of Utopia
»Verbesserungsversuche«
Whitechapel Gallery, London, 4.7. – 5.9.2013
Situationen, die sich nie gänzlich in ihrer empirischen Realität einlösen, sind natürlich nicht nur utopisch, sondern meistens einfach auch Kunst. Die Verschiebung von Realitätsmustern auf ersehnte und nicht abrufbare Möglichkeitsfelder ist gemeinhin eine der wenigen konsensfähigen Umschreibungen von Gegenwartskunst, die als solche Ansprüche auf soziale Veränderungen einklagt. Die Frage nach Umsetzung stellt sich dabei als Teil der Problematik, aber eigentlich selten wirklich als Perspektive. Und dieses nicht-Einzuholende ist keine ironische Form, das ist vielleicht eine der wenigen Charakteristiken, mit denen es sich gegen einen allgemeineren Begriff von Kritik abgrenzen lässt, oder auch gegen reinen Kommentar.
Das ist zwar keine Arbeitsdefinition der Gegenwartskunst (auch wenn Peter Osborn das vorgibt), aber auf jeden Fall eine Kategorie, von der aus sich die Frage des Utopischen hinsichtlich der Gegenwartskunst einkreisen lassen können müsste. In der mittlerweile ja mindestens dritten Generation nach-relationeller Praxis hat sich das weniger hinsichtlich der Nützlichkeitsdiskussion entwickelt, als vielmehr in eine Spannbreite künstlerischer Positionierungen aufgefächert: An einem Ende des Spektrums der Eingriff in real-soziale Prozesse als utilitaristische Umsetzung transformativer Möglichkeiten, am anderen immer neu allegorische Umschreibungen kulturellen Potentials und seiner mehrdeutigen Verfasstheit.
In der Kombination, mit der die Whitechapel jetzt das Thema bespielt, eröffnet sich das hinsichtlich institutioneller Verfasstheiten.
Peter Liversidges Vorschläge, die er als zum Teil ganz explizit nicht umsetzbare Arbeiten in die Ausstellung einbringt, fächern die Bedingung des nie ganz Realen als Reihe von Arbeiten auf. Dass zum Beispiel das Wachpersonal die Arbeitsbeschreibungen auf den Galeriewänden verliest, ist sowohl historischer Verweis…