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Gespräche mit Künstlern · von Doris von Drathen · S. 174 - 189
Gespräche mit Künstlern , 2003

ANNE UND PATRICK POIRIER
Unsere Ruinen sind nicht nur rückwärtsgewandt, alles, was uns umgibt, kann morgen zerstört sein.

EIN GESPRÄCH MIT DORIS VON DRATHEN

Im Laufe von mehr als 30 Jahren detail-besessener Arbeit in Ruinen und anderen Theatern der Erinnerung ist dem Künstler-Paar Anne und Patrick Poirier eine ganze Reihe von Etikettierungen aufgeklebt worden, so wie Spurensicherung, Gedächtnis-Arbeit, persönliche Archäologie. Möglicherweise ist dieses Werk, das tatsächlich um die Zeitzeugenschaft vergangener Kulturen kreist, aber in einem ganz anderen Licht zu sehen, nämlich viel mehr, als eine seismographische Feldforschung, um die Fragilität von kulturell hochentwickelten Kulturen, die Fragilität von Identität, die Folgen von Geschichtsverlust zu untersuchen. Damit würde es weniger um Gedächtnis, als um einen Nullpunkt gehen, nämlich um den Moment des Umkippens von Gegenwart in Zerstörung und Vergangenheit. Anne und Patrick Poirier gehören zu den ganz wenigen Künstlern, die tatsächlich als Nomaden quer durch die Welt reisen: Erst wenn ein Ort, ob das nun Ostia Antica, Angkor, das Hirn selbst als imaginäre Fundstätte sind, immer ziehen sie erst dann weiter, wenn ein Platz erschöpfend bearbeitet ist. Heute zeigt sich die politisch engagierte Komponente deutlicher – wenn etwa in der großen Installation War-Games (2002) das willkürliche Machtspiel, das von heute auf morgen Nationen zerstört, zum Thema wird, und zwar tatsächlich als Zufalls-Spiel auf dem grünen Filz eines Billardtisches.

Doris von Drathen: War das Wort “memoria” eigentlich von Anfang an in eurem Kopf?

Patrick Poirier: Sagen wir lieber, wir waren von Anfang an das Reisen gewohnt und hatten ein großes Gepäck angesammelt, von dem wir noch…


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von Doris von Drathen

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