59. Biennale Venedig: Gespräche
Katharina Fritsch
„Der Elefant hat etwas von einem Riesenwunderwerk“
Die Bildhauerin in mehreren Gesprächen mit Helga Meister
Katharina Fritsch (Jg. 1956, Essen) erhielt den Goldenen Löwen der Biennale von Venedig für ihr Lebenswerk. Dazu holte sie aus ihrem Depot den berühmten grünen Elefanten hervor, der nun das Oktogon im zentralen Pavillon der Giardini ausfüllt. Der Dickhäuter ist weiterhin ihr Eigentum, ihre „Maskottchen“, wie sie gern sagt. [S. 111]
Es handelt sich um den Abguss aus dem Bonner Naturkundemuseum Alexander Koenig, hergestellt nach einem Original aus dem Wuppertaler Zoo. Das Tier besteht, abgesehen von den in leichter Schrittstellung befindlichen Hinterbeinen, aus zwei spiegelsymmetrischen Seiten. Unbeweglich, fast majestätisch aufgerichtet, nimmt es seinen Kunstplatz mit Würde ein. Ein nach außen und nach innen geschlossener Körper, der in den großen Spiegelflächen des Eingangsraums auf sich selbst verweist und sich spiegelt.
Katharina Fritsch war 31 Jahre alt, als sie die Elefantenkuh mit einem satten Dunkelgrün versah und im Kaiser Wilhelm Museum in Krefeld auf ein hohes, ellipsenförmiges Podest stellte, das die Wölbung des Oberlichts aufgriff. Auch am neuen Standort wirkt das plastische Abbild des Tieres wie eine übernatürliche Erscheinung: Gigantisch, abgehoben, farblich erstaunlich, doch ausgewogen in vollkommener Balance, allein im leeren Saal.
Ob in der Bel Etage von K21, in der Tate Modern oder jetzt in den Gärten von Venedig: Immer schauen die Besucher zum Werk empor und genießen die Spannung zwischen Vertrautem und Fremdem. Natur, Kunst und Künstlichkeit werden in diesem grünen Polyestertier mit der runzeligen Haut zu einer irritierenden Einheit gebracht. Das Ganze ergibt…