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Titel: Essen und Trinken II · von Jürgen Raap · S. 106 - 115
Titel: Essen und Trinken II , 2002

ALKOHOL

> Wasser, Wein

1901 malte Pablo Picasso das Bild “Die Absinth-Trinkerin”. Eine Frau sitzt in einem Café vor einem Glas und einer Karaffe. Auffallend sind die dünnen, ausgemergelten Hände. Kunsthistoriker haben dieses Bild immer wieder als eine Darstellung des körperlichen Verfalls zu deuten versucht, den der grüne Likör aus Wermut, Sternanis, Fenchel und Kräutern bei regelmäßigem Genuss hervorrufe.

Der klassische Absinth mit einem Alkoholgehalt von 50 Vol. % enthielt nämlich das Nervengift Thujon – und zwar bis zu 80 Milligramm pro Liter. Es wirkt ähnlich wie der Haschisch-Wirkstoff Tetrahydrocannabiol. Nicht zuletzt deswegen pries der Dichter Charles Baudelaire den Schnaps als ein Mittel gegen Schreibhemmungen. Oscar Wilde, Vincent van Gogh, Henri Toulouse-Lautrec und der junge Picasso galten ebenfalls als Absinth-Fans.

Die “grüne Fee”, so der Name des Likörs im Volksmund, hatte das Image des Bohème-Getränks. Weil jedoch Absinth im Verdacht stand, Epilepsie, Blindheit und Wahnsinn auszulösen, wurde er schließlich in den meisten Ländern verboten. In Deutschland geschah dies 1923 nach einer Häufung von Selbsttötungsfällen im Absinth-Rausch. Heute ist eine mildere Variante wieder legalisiert, aber nur in wenigen Pariser und Berliner Szene-Bars erhältlich.1

Kräuter und Gewürze verwendete man ursprünglich hauptsächlich wegen ihrer Heilwirkung als Bestandteil von Spirituosen. Die Kräuterelixiere mit ätherischen Ölen, die man seit etwa 500 Jahren in den westeuropäischen Klöstern herstellt, galten früher als Medizin, und nicht als Genuss- oder gar Rauschmittel. Nachdem die französischen Benediktinermönche ein Extrakt aus Weinbrand, Honig, Gewürzen und Kräutern entwickelt hatten, etablierten kurz darauf auch die konkurrierenden Kartäusermönche ihren gelben und grünen “Chartreuse”-Likör2. Die meisten heute üblichen “Magenbitter”-Schnäpse stammen…

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