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Ausstellungen: Berlin · von Heinz-Norbert Jocks · S. 278 - 280
Ausstellungen: Berlin , 2002

HEINZ-NORBERT JOCKS
Andy Warhol – Retrospektive

Neue Nationalgalerie, Berlin, 2.10.2001 – 6.1.2002
Tate Modern, London, 4.2. – 31.3.2002

Andy Warhol, als eigensinniger Superstar der Pop-art quasi einer der berühmtesten Chronisten der zweiten Hälfte des vergangenen Jahrhunderts, ist ein übertextetes Superphänomen, eine ins kollektive Gedächtnis eingebrannte Last-Minute-Ikone der Moderne, die höchstsubtil und mit Akribie die Geburt der Postmoderne vorwegnahm. Ja, ein unhintergehbarer Mythos, dem sich keiner, weder alt noch blutjung, entziehen kann, und drum strömt nach Berlin denn auch ein recht gemischtes Publikum in die gekrönte Retrospektive des Jahres, die anschließend nach London ins Tate Modern weiterzieht.

Angesichts der vielen Besucher, die kleidungsmäßig mal strickt konservativ, mal cool zeitgeistorientiert erscheinen, drängt sich uns die Frage auf, wie da ein jeder auf Warhols Bilder reagiert, wie er sie für sich rezipiert und vereinnahmt, was für eine Haltung er für sich daraus zieht und was er damit für sich letztlich anfängt. Was bewirkt der Warhol-Infekt heute noch? Sind die Zeiten nicht längst vorbei, da er noch aufrührerisch in den Hirnen herumgeisterte und, zwischen Affirmation und Negation oszillierend, Argwohn erntete, indem er eine Wirklichkeit ohne jede Botschaft darstellte und bis zum Exzess an einer massiven Bedeutungsentleerung der Welt arbeitete? Und, ist über ihn wirklich restlos alles ausgesagt, sobald man ihn als den gewichtigen Repräsentanten der Pop-Art tituliert? Muss man ihn nicht vielmehr von diesem alles gleichmachenden Etikett erlösen und ihn noch stärker als bisher als Außenseiterpersönlichkeit würdigen, deren queerer, von vielen, wie merkwürdig!, unbemerkter Blick gleichwohl subversiv wirkte? Tangiert er uns heute noch mit seiner schneidenden Kritik…


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von Heinz-Norbert Jocks

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