Ästhetische Kooperation
Kontroversen im Zeitschnitt – Zürich um 1855 Hermann Sturm, bis vor kurzem Professor für Designwissenschaft an der Universität Essen und ein Spezialist für ästhetische Verzeichnungen, der in zahlreichen Publikationen und Ausstellungen dem Zusammenspiel von künstlerischer Produktion und semiotischer Praxis nachgegangen ist, legt einen materialreichen und doch knapp gehaltenen, gut lesbaren und anregenden Band vor. In ihm eröffnet er neue Perspektiven sowohl auf seine bisherigen Forschungsgebiete wie auch auf den unter der Leitthematik dargestellten Materialbereich, der, zumindest was Wagner und Keller anbetrifft, unter zahlreichen Gesichtspunkten mittlerweile auch kulturgeschichtlich gut aufgearbeitet worden ist. Durch den Einbezug von Semper und Vischer ergeben sich zahlreiche Pointierungen nicht zuletzt im Hinblick auf künstlerische Themen, die erst im 20. Jahrhundert, durch vielerlei Verschiebungen und Nachklänge, ihre ganze Virulenz entfaltet haben. Darauf weist der Titel des Buches ‘Alltag & Kult’ hin, der zunächst jeden, der die Debatten um ‘E’ und ‘U’ seit der Pop Art und insbesondere die Aufarbeitung der Gesamtkunstwerksuggestionen durch Harald Szeemann und die durch Klaus Theweleit zugespitzten Debatten um den Machtpol der Kunst und Künstler vor Augen hat, auf listige Weise an eine tiefer- und abgründigere, dabei stetige Herausforderung der Künstler zwischen Obsession und Korruption, Machtgier und künstlerischer Rigidität heranführt.
Es geht nämlich nicht so sehr um die im Horizont der ‘Gesellschaft des Spektakels’ (Guy Debord) und einer dreisten Eventkultur ins Unerträgliche gesteigerte rituelle Feier des Kultischen oder ästhetische Strategien der Verklärung des Gewöhnlichen, sondern um die in den künstlerischen und denkerischen Anstrengungen mittels Werken und Stoffen vollzogene Bestimmung des ästhetischen wie des gesellschaftlichen…