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Titel: Spanien im Aufbruch · S. 94 - 96
Titel: Spanien im Aufbruch , 1988

Bezüge und Identitäten

von José Lebrero Stàls

Das spanische Kulturerbe scheint von Dramatik überladen. Die bildende Kunst läßt El Greco, Velázquez, Goya, Dalí oder Solana als Mitspieler, Zeugen und Urheber Teil dieser Besonderheit werden, die einer Gesellschaft eigen ist, in der sich ein prunkvoller Katholizismus zelebriert. Hier bleibt das Bild – die fixierte Vorstellung von Welt – weiterhin die Form des künstlerischen Ausdrucks schlechthin, und der Maler wird in den theoretischen Schriften als Visionär dargestellt. In einem Land mit einer Fülle von welthaltigen Bildern trug der Einfluß des Sakralen auf den Alltag dazu bei, daß die zeitgenössische spanische Kunst nur wenige Beispiele für puritanisches Verhalten in der Gestaltung des künstlerischen Werkes aufweist. Die Rhetorik ist effektvoll und prächtig, und die akkumulativen Prozesse dominieren eindeutig gegenüber der Reduktion.

Der Calvinismus dagegen, der unter Verwendung der klassischen Einteilung von Max Weber vier grundlegende Einstellungen zur Welt typisierte1, brachte in bestimmten Kulturzonen eine Art von innerer Askese hervor. Im geographischen Bereich des Katholizismus richtete sich das Streben nach Perfektion auf das Außerweltliche. Meines Erachtens trifft dies immer noch auf die gegenwärtige künstlerische Dynamik zu, obwohl sich die moderne Kultur durch die soziale Entzauberung charakterisiert, wie Habermas postulierte. Die von der angelsächsischen Welt angenommene, reflektierende Spekulation bildet den Kontrast zu der eher kontemplativen, sinnlichen Wahrnehmung von Weltgeschehen, wie sie im latinisch-mediterranen Raum vorherrscht. Die Kunst lebt hier eher von dem nach außen gerichteten Engagement als von der nach innen gerichteten Analyse des Individuums.

Eine Trennung von Kunst und Gesellschaft scheint dort wenig eindeutig, wo die Bemühungen um eine…

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