Reinhard Ermen
Das Gedächtnis der Malerei
Aargauer Kunsthaus, Aarau, 27.8. – 19.11.2000
Für knapp zweieinhalb Monate ist das Aargauer Kunsthaus “Das Gedächtnis der Malerei”. Die Malerei des 20. Jahrhunderts ist zu besichtigen. Man beruft sich auf die aktuelle, neuropsychologische Forschung, derzufolge Erinnerung und Gedächtnis ein Vorgang parallel, bzw. abhängig zur Wahrnehmung ist und als diskursiver Vorgang verstanden werden kann. Doch einer solch ambitionierten Legitimierung bedarf die wunderbar zweideutige Titelei keineswegs; hier geht es um Bilder und Wege, die womöglich mehr als andere haften blieben, ausgestellt wird eine Versammlung von Positionen, die paradigmatisch für die Entwicklung der Malerei gewesen sein könnten. Der Kurator Beat Wismer hat dazu sein Kunsthaus in Aarau (CH) leergeräumt und gut 180 Namen von Paul Cezanne bis Jessica Stockholder versammelt. Der als “Bahnung” (Omlin/Wismer mit einem Seitenblick auf Freud) durch das Medium verstandene Corpus ist Ergebnis eines reflektierten Vergegenwärtigungsprozesses. Der bildet dabei sein eigenes Gedächtnis, in das (Aktionszeit ist schließlich die Gegenwart) auch allerneueste Verlautbarungen eingehen. Das ist keine Schatzausstellung, sondern ein subjektiver Diskurs. Dass in diesem temporären Museum wichtige Positionen zum gegebenen Zeitraum fehlen, weiß man in Aarau genauso, wie man sich einer gewissen Überrepräsentanz von Schweizer Malern bewusst ist. Aber als ganzes, objektiv und gerecht ließe sich die Malerei des 20. Jahrhunderts ohnehin nicht ausstellen, und letztendlich ist der informierte Zeitgenosse doch erstaunt, wie viel in Aarau zu sehen ist. Gelegentlich, insbesondere im Bereich der sogenannten “Klassiker”, beschränkt man sich auf kleinformatige Verweisstücke, doch das ist von dem zur Verfügung stehenden Raum diktiert und widerspricht dem umfassenden…