Christian Huther
Gianfranco Pardi
»Retrospektive 1972-1998«
Kunstverein, Frankfurt/Main, 23.1. – 28.2.1999
Museum Bochum, 18.4. – 24.5.1999
Kulturhistor. Museum, Stralsund, Juni/Juli 1999
Eigentlich paradox: Der Künstler sucht bei jedem Bild nach einem Halt, indem er die Leinwand mit einem Netz von konstruktiven Linien überzieht. Der Betrachter indes findet ohne weiteres seinen eigenen Halt durch die klaren, ruhigen Bilder, die ihm das Meditieren ermöglichen. Gianfranco Pardi, 1933 in Mailand geboren und einer der bedeutendsten Vertreter konstruktiver Kunst in Italien, ist denn auch ein Maler- und Bildhauer-Philosoph – studiert aber hat er Architektur.
Einen Rückblick auf das von 1972 bis 1998 entstandene Werk gibt nun erstmals in Deutschland eine Retrospektive in Frankfurt, Bochum und Stralsund. Zumindest in der Mainmetropole ist Pardi kein Unbekannter mehr, steht doch im Stadtteil Westend seit 1986 seine drei Meter hohe, bemalte Eisenskulptur “Body Building”, die sich aus Ideen des Konstruktivismus, des Suprematismus und des Bauhauses speist. Nur in Frankfurt wurde der Rückblick erweitert durch eine etwa zeitgleiche Schau mit neueren Arbeiten in der auf italienische Kunst spezialisierten Westend Galerie.
Pardi begann als informeller Maler, wurde aber bald zum streng-rationalen Konstruktivisten, wie seine 1972 einsetzende “Architektur”-Serie zeigt. Über die monochromen Leinwände spannte er Stahlkabel oder Schnüre und dehnte so seine malerisch-geometrischen Abstraktionen plastisch-reliefartig ins Dreidimensionale aus. In den 80er Jahren bricht das auf, wird zusehends malerischer. Die Farbe gewinnt an Eigenwert, wird großflächig, wolkig, pastos oder flockig aufgetragen, die Kabel werden durch zart gemalte Linien oder Bogen ersetzt.
Damit werden Pardis Konstruktionen variabel und fast spielerisch, so wie er von Anfang an die gespannten Drähte…