Hans-Dieter Fronz
Haegue Yang
»Family of Equivocations«
Musée d’art moderne et contemporain, Straßburg, 8.6. – 15.9.2013
Ein Tiefkühlschrank, prall gefüllt mit Plastikflaschen, die ursprünglich Wasser enthielten, das hier zu Eis gefroren ist. Auf dem Kühlschrank ein Ventilator, der in gleichmäßigen Schwenkbewegungen mit seinem Luftstrom zwei links und rechts von ihm stehende Plastikflaschen erfasst. Natürlich verhindert das kühlende Lüftchen nicht, dass das Eis in den Flaschen taut. Durch Kondensation bilden sich an den Außenwänden Wassertropfen. Sind sie zu schwer geworden, rinnen sie nach unten. Sobald das Eis vollständig geschmolzen ist, werden die Behältnisse durch Flaschen aus dem Kühlschrank ersetzt.
Und das soll Kunst sein? Die Arbeit von Haegue Yang wirkt so unscheinbar und gibt sich für den unwissenden Blick so wenig als Kunstwerk zu erkennen, dass man achtlos daran vorübergehen könnte. Offenbar hat jemand zwei Wasserflaschen auf einen Kühlschrank gestellt und einen Ventilator eingeschaltet – na und? Doch der Vorgang der Kondensation ist für die Künstlerin aus Seoul, die auch in Berlin lebt, eine Metapher. Vor vier Jahren, bei der Biennale in Venedig, suchte Haegue Yang im koreanischen Pavillon damit auf unscheinbare Prozesse, unbeachtete Räume aufmerksam zu machen. Das diskrete physikalische Geschehen kann bei ihr zum Gleichnis fürs Persönliche und Private werden. Natürlich weiß Haegue Yang, dass wer die Aufmerksamkeit auf die Privatsphäre lenkt, macht, dass sie nicht mehr ganz so privat ist. Veränderung von Sichtweisen und Einstellungen ist gerade das Ziel ihrer Arbeit. Und als zentrale Absicht wird offenbar: Öffnung.
So entkleidet sie – wie schon bei der documeta 13 im vergangenen Jahr –…