vorheriger
Artikel
nächster
Artikel
Titel: Wendezeiten – Deutschland in der Kunst · von Barbara Steiner · S. 178 - 185
Titel: Wendezeiten – Deutschland in der Kunst , 2015

Künstlerische Praxis im Geflecht von Ökonomisierung und Globalisierung

von Barbara Steiner

Über künstlerische Praxis im Geflecht von Ökonomisierung und Globalisierung in Deutschland zu schreiben verlangt eine Ausweitung der Perspektive über Landesgrenzen hinaus. Denn nicht nur Kapitalströme haben sich globalisiert, sondern auch Kunst und ihre Diskurse. Vor diesem Hintergrund werden Arbeiten und Initiativen von in Deutschland lebenden, aber weltweit tätigen Künstlern und Galeristen mit globalen Auseinandersetzungen zu Kunst und Ökonomie verbunden.

Seit 2013 setzen Goldin + Senneby immer wieder verschiedene, auf Algorithmen basierende Handelsstrategien im Rahmen ihrer Einzel- und Gruppenausstellungen ein. Die Formeln werden in ihrem Auftrag von Spezialisten aus den Bereichen Kulturökonomie, Anthropologie, Investmentbanking, Aktienfondsmanagement und Soziologie entwickelt.1 Gehandelt wird mit dem jeweiligen Ausstellungsbudget. Auf diese Weise unterwerfen Goldin + Senneby Kunstproduktion und ihre Präsentation einem anonymen Algorithmus; die Effekte der Spekulationen an der Börse werden direkt in die Kunstinstitutionen hineingetragen. Im Zusammenhang mit ihrem mehrjährigen Projekt The Nordenskiöld Model, das seinen Ausgang bei August Nordenskiöld, einem schwedischen Alchimisten aus dem 18. Jahrhundert, nimmt, haben Goldin + Senneby seit 2010 immer wieder historische und gegenwärtige Finanzspekulationen kurzgeschlossen. Die Anwendung von algorithmischen Handelsstrategien stimuliert jedoch nicht nur Diskurse über das Verhältnis von Kunst- und Finanzspekulation im Zeitalter der Globalisierung, es ist auch ein praktisches Instrument zur potenziellen Budgetsteigerung in Zeiten knapper Kassen, wenn auch mit unkalkulierbarem Ausgang.

Der Zwiespalt zwischen emanzipatorisch gedachten Vorhaben von Künstlern und der freiwilligen, mitunter auch unfreiwilligen Komplizenschaft mit wirtschaftlichen und politischen Machtverhältnissen zieht sich durch die Geschichte der Kunst und hat mit der schwierigen Situation von Künstlern in kapitalistischen Gesellschaften zu…

Kostenfrei anmelden und weiterlesen:

  • 3 Artikel aus dem Archiv und regelmäßig viele weitere Artikel kostenfrei lesen
  • Den KUNSTFORUM-Newsletter erhalten: Artikelempfehlungen, wöchentlichen Kunstnachrichten, besonderen Angeboten uvm, jederzeit abbestellbar
  • Exklusive Merklisten-Funktion nutzen
  • dauerhaft kostenfrei