Christoph Schlingensief
Von Maria Anna Tappeiner
Als Christoph Schlingensief 1982 zweiundzwanzigjährig in der Kleinstadt Much barfuß im Schnee auf seiner Trompete die deutsche Nationalhymne spielte – und das ziemlich schief –, war das der Beginn einer fortwährenden Auseinandersetzung mit Deutschland. Für Schlingensief war dieser frühe Beitrag mit dem ironischen Titel Für Elise (1982), der auf eine der Deutschen liebster Melodien verweist und seit Generationen von kleinen Nachwuchspianisten geklimpert wird, „ein Beitrag zur Lage der Nation“. Knapp drei Jahrzehnte später wollte Schlingensief mit seinem Einzelauftritt im Deutschen Pavillon auf der Venedig-Biennale 2011 ein weiteres Statement zur Lage der Nation abgeben, doch sein früher Tod machte ihm einen Strich durch die Rechnung. Unter dem Titel Deutsches Zentrum für Wellness und Vorsorge hatte Schlingensief, der zuletzt in Burkina Faso ein Projekt für ein Operndorf vorangetrieben hatte, in Venedig die Themen Eurozentrismus und Rassismus wieder aufgreifen wollen. Die Pläne für seine Installation sahen unter anderem vor, Afrikaner als Künstler, Schauspieler, Computerfachleute und andere „Kuriositäten“ dem Publikum als Ausstellungsobjekte in Käfigen zu präsentieren und eine riesige „Negermaske“ mit übergroßer Unterlippe vom giebellosen Vorbau des faschistoiden Baus auf die Besucher herablächeln zu lassen. Daneben sollten auch künstlerische Beiträge aus Burkina Faso gezeigt werden, zum Beispiel von Schülern gedrehte Videos.1
In zahlreichen weiteren Werken hat sich der Filmemacher, Theaterregisseur und Aktionskünstler Schlingensief mit Deutschland, seiner Politik und Geschichte und der wechselnden nationalen Befindlichkeit kompromisslos auseinandergesetzt. Es gab kein Tabu, das er nicht gebrochen hätte.
Wahrscheinlich wäre es einfacher, Titel und Werke zu nennen, die keine Beschäftigung mit Deutschland aufzeigen. Als Beispiele…