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Ausstellungen: Tallinn · von Claudia Wahjudi · S. 348 - 349
Ausstellungen: Tallinn , 2003

CLAUDIA WAHJUDI
Last Hero

The Art Museum of Estonia, Tallinn, 26.8. – 21.9.2003

Nackte Männer präsentieren das Gewehr. Sie marschieren, kehren rechts um und schmettern dazu ein Soldatenlied. Hinter ihnen die Spiegelwand zeigt ihre bloßen Rücken und Gesäße: Die Männer exerzieren in einem Ballettsaal. Artur Zmijewski hat ehemalige Gardesoldaten der Polnischen Armee dafür gewonnen, sich singend mal uniformiert, mal entblößt beim Paradieren filmen zu lassen. Von der Aktion zeugt sein Video “KRWP” (2000), das die Soldaten trotz aller Waffen schutzlos und fast sympathisch wirken lässt – hier weit aufgerissene Augen, dort ein Lachen, dort ein baumelnder Penis. Aus Streitkräften sind verletzliche Individuen geworden. Helden? Von wegen.

Gegenüber, auf der rechten Seite der Halle im Rotermann Salzlager des Estischen Kunstmuseums, räkelt sich ein junger Mann mit kurz geschorenem Haar. Auch sein Oberkörper ist entblößt. Wenn er die Muskeln spielen lässt, schlängelt sich das Wappen, das er sich hat tätowieren lassen, über Arme, Hals, Brust und Bauch. Mark Raidpere hat Insassen des Gefängnisses von Tartu, die wegen Mord, Vergewaltigung oder Raub verurteilt wurden, fotografiert und gefilmt. Sein DVD-Film “10 Men” (2003) zeigt die Männer, während sie sich für das Fotoporträt zurecht setzen, in gedämpften Farben, und den Moment der Belichtung in Schwarzweiß. Aus harten Kerlen werden so sanfte Jungs, die sich bestmöglich inszenieren möchten: mal nachdenklich, mal verschmitzt oder selbstverliebt, den Kopf in den Arm geschmiegt. Ist nach dem Ende des sozialistischen Kollektivhelden nun jeder sein eigener Medienstar?

Die Ausstellung “Last Hero” führt Arbeiten von 24 Künstlern und Künstlerinnen aus Russland, Polen, Estland, der Ukraine und…


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