Christoph Doswald
Martin Disler
Bilder und Plastiken Kunsthaus, 9.1.-6.3.1988
Martin Disler (geb. 1949 in Seewen/ SO) feiert schon seit geraumer Zeit ungewöhnliche Erfolge. Zu Gast an der documenta 7 und in diversen Museen in ganz Europa zeigt er nun im Rahmen des Preises für Junge Schweizer Kunst seine im letzten Jahr in Lugano entstandenen Bilder und Plastiken.
Die Ausstellung präsentiert sich wie das Werk. Der Rahmen bleibt archaisch karg, und selbst der Linoleumboden mußte weichen, damit die Plastiken direkt auf dem grauen, unbearbeiteten Untergrund zu stehen kommen. Analog zu dieser Abstimmung, die einen materialadäquaten Rahmen für die Plastiken schafft, verfahrt die Inszenierung der einzelnen Werke.
Keine didaktische Führung oder kategorische Typisierung tut dem aufgewühlten Werk Gewalt an, sondern man verspürt eine sanfte Choreographie, welche den Dialog fördert und ein verworrenes und mitunter geheimnisvolles Netz von Kommunikationslinien gebärt, dessen Intensität den Besucher sofort in seinen Bann zieht. Jedes Einzelstück zeigt sich als Teil des Ganzen, dessen Ambiguität die Ausstellung schließlich in einem Wechselprozeß auf das Einzelwerk zurückwirft. Es ist das den Werken innewohnende fragile Un-Gleichgewicht, welches in der Ausstellungsstruktur Entsprechung findet.
Schemenhafte Gestalten, in fragmentarischer Bewegung erstarrte Glieder, von einer ungleich dominanten Patina durchdrungen. Hier ein Auge, angsterfüllt, der Mund schmerzverzerrt, dahinter die physiognomielosen anonymen Schergen, die den unendlich leidenden Protagonisten in “die Verbannung” stoßen. Dislers Malerei ist eine Auseinandersetzung mit den großen fundamentalen Themen des Lebens. Liebe, Haß, Tod, Geburt, Begierde und Einsamkeit sind Bereiche außerhalb unserer mechanisierten und technisierten Welt, Bereiche des Anderen, welche unsere so hochgepriesene Ratio oftmals ins Leere laufen lassen und…