Heinz-Norbert Jocks
Max Beckmann und »Die Nacht«
Kunstsammlung NRW, Düsseldorf, 6.9. – 30.11.1997
Die so brillante wie nachdenklich stimmende, ja bedrückende Ausstellung in der Düsseldorfer Kunstsammlung NRW, kuratiert von Anette Kruszynski, kreist um das von Max Beckmann zwischen August 1918 und März 1919 inszenierte Bild “Die Nacht”. Von Werner Schmalenbach 1963, also 44 Jahre nach seiner Entstehung, ins Haus am Grabbeplatz geholt, gilt es ihm bis heute als “meistgehaßtes Meisterwerk”. Es löst, so der ehemalige Hausherr noch vor zwei Jahren in der FAZ, einen anhaltenden, nie kleinzukriegenden Ekel aus und bedient den Voyeurismus des Betrachters auf schwindelerregende Weise. Das Bild ist nicht schön und von daher weder befriedigend noch einschmeichelnd oder beseeligend. Wohin wir schauen, überall erwartet uns der trostlose Anblick von ungoutierbaren Widerwärtigkeiten, die nicht nur ein zwanghaftes Hinsehen, sondern auch ein Fragen danach, was da wohl geschehen ist, herausfordern. In Form einer Allegorie werden Ereignisse bloßgestellt, ohne daß es zu einer beruhigenden, gar aufklärerischen Enträtselung angezeigter Verhältnisse käme. Wir erfahren von den schrecklichen, entwürdigenden, gar lebensbedrohlichen Torturen nicht im nachhinein, sondern sind als zum Nichtstun verdammte und ins Geschehen verstrickte Zeugen life am Tatort dabei. Zurück bleibt in jedem Fall ein unreduzierbarer Rest, auf den uns die Ausstellungsmacherin mit 27 Gemälden, 65 Zeichnungen sowie Druckgraphik quasi aufmerksam macht. Die Werke, die sich um das eine gruppieren, ermöglichen insofern einen anderen Zugang, als sie Parallelen aufweisen und kompositorisch sowie motivisch verwandte Elemente enthalten, die den Weg zu dem Schreckensschlüsselbild und dessen Folgen als eine werkimmanente Annäherung bahnen. Das Schöne daran ist,…