Silvio Blatter:
»Mit Wörtern ordne ich die sichtbare Welt. Farbe löst sie auf«
Ein Gespräch von Heinz-Norbert Jocks
Silvio Blatter, 1946 in Bremgarten geboren, ist dort aufgewachsen und hat sich dort zum Lehrer ausbilden lassen. Er erteilte Unterricht an verschiedenen Schulen, war längere Zeit als Maschinenarbeiter in der Metall- und Kunststoffindustrie tätig. Dann folgten ein Germanistikstudium in Zürch und die Ausbildung zum Funkregisseur bei Radio Zürich. 1974 wurde er mit dem Conrad Ferdinand-Meyer Preis ausgezeichnet. Trotz literarischer Erfolge, mit “Wassermann”, 1986, “Das sanfte Gesetz”, ’88, “Das blaue Haus”, ’90, und “Avenue America”, ’92 , liegt ihm die Malerei mehr am Herzen. Er, ein Augenmann, kommt von Wörtern und lebt in Farben. Warum, darüber sprach er mit Heinz-Norbert Jocks in Zürich.
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H.-N. J.: 1968 erschien “Brände kommen unerwartet”, erzählen Sie etwas von den Anfängen?
S. B.: Ich bin ’46 geboren und war ’68 gerade 22 Jahre alt. Bei einem Umzug vor etwa zwanzig Jahren bemerkte ich, daß der komplette “Spiegel”-Jahrgang von 1968 bei mir auf dem Dachboden lag. Mir war gar nicht bewußt, daß ich den überhaupt gesammelt hatte, und dann auch noch diesen Jahrgang. Ich war damals weder Student, noch in Zürich, sondern ein junger Lehrer in Aarau. Aber ich las Autoren, die von der 68er Bewegung herkamen. Mein Denken ist gewiß von dieser Bewegung geprägt, auch wenn ich daran nicht direkt beteiligt war.
Der Mai ’68 läßt sich auch als Glückssuche verstehen.
So empfand ich das damals nicht, auch konnte ich Literatur und Politik nur zusammen sehen. Es ging darum, wie die Welt zu…