Edgar Schmitz
Ross Sinclair:
Fortress Real Life (Peckham)
South London Gallery, London, 1.6. – 8.7.2001
Seit er sich vor sieben Jahren ‘Real Life’ quer über seine Schultern tätowieren ließ, geht es Ross Sinclair immer wieder um Besetzungen und wo diese anzubringen sein könnten. Und weil ‘Real Life’ dabei immer gegen die verschiedenen Kontrastfolien des Bestehenden gedacht ist, meinen die Arbeiten nicht nur die Institutionen, mit denen und gegen die sie (an)spielen, sondern immer wieder auch den Ausgriff in ein anderes, angeblich realeres Leben.
Real Life ist für Sinclair (auch chronologisch) erst einmal das, was in Galerie und Museum immer nur nachgebaut und wiedererfunden Platz finden kann – Rocky Mountains als Bühne aus Kunstrasen und ausgestopften Tieren, auf der er schottische Lieder aus drei Jahrhunderten singt, oder ein roter Galgen, der vom Publikum zu besteigen und durchdenken ist – entscheidend ist immer wieder der Anschlusspunkt an Erinnerungs- und Erfahrungswerte, und wieweit diese vermittelt werden können.
In umgekehrter Richtung trägt Real Life mit diesen Einbindungen die Utopie des über den Kunstkontext hinausgreifenden, und so überschneiden sich nicht nur verschiedene Realitätsgrade, wenn Sinclair mit entblößtem Oberkörper und Real Life Tätowierung auf dem im Galerieraum nachgebauten Gebirgshang singt. Vielmehr stülpt er die ganze Konstellation manchmal auch probeweise nach außen in die Welt, indem er Anstecker, Kaffeetassen und T-Shirts mit dem ‘I Love Real Life’ Slogan z.B. auf einem Ostlondoner Straßenmarkt gegen den täglichen Betrieb ausreizt. Auch hier geht es um die Künstlichkeit der Kunst und unter umgekehrten Vorzeichen um den Nutzen, der vielleicht aus ihr zu ziehen sein…