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Titel: Kunst und Sport · von Wolfgang Welsch · S. 64 - 81
Titel: Kunst und Sport , 2004

WOLFGANG WELSCH
SPORT: ÄSTHETISCH BETRACHTET – UND SOGAR ALS KUNST?

EINLEITENDE BEMERKUNGEN

1. NUR ÄSTHETISCHER ODER AUCH KUNSTCHARAKTER DES ZEITGENÖSSISCHEN SPORTS?

Ohne Zweifel ist der heutige Sport stark durch ästhetische Aspekte gekennzeichnet – er ist geradezu ein Paradebeispiel der zeitgenössischen Ästhetisierung.1 Aber könnte man nicht sogar weiter gehen und Sport nicht nur mit Ästhetik in Verbindung bringen, sondern als Kunst betrachten?

Zwar scheint es intuitiv klar zu sein, dass Sport nicht Kunst ist. Zwar würde jedermann zustimmen, dass Sport viel mit Ästhetik zu tun hat, aber kaum jemand – wenn überhaupt einer – würde sagen, dass Sport Kunst sei. Aber wenn man die Gründe dieser Ausschließung des Sports aus der Sphäre der Kunst durchdenkt, gerät man in erstaunliche Schwierigkeiten. Die üblichen Argumente erweisen sich allesamt als ungenügend; sie lassen sich Schritt für Schritt durch bessere Gegenargumente überbieten. Das soll im Folgenden gezeigt werden.

Meine Vermutung geht insbesondere dahin, dass die moderne Veränderung des Kunstbegriffs die Möglichkeit eröffnet hat, Sport als Kunst anzusehen. Insofern gelten meine Überlegungen nicht nur dem Sport, sondern – untergründig und vielleicht vor allem – dem modernen Kunstverständnis.

2. PHÄNOMEN- UND BEGRIFFS-VERÄNDERUNGEN – ZUR MÖGLICHKEIT UND ZULÄSSIGKEIT NEUARTIGER KATEGORISIERUNGEN

Wenn Struktur und Begriff von Sport, Ästhetik und Kunst unveränderlich wären, könnte man Sport allenfalls irrtümlicherweise als Kunst ansehen. Aber dann könnte Sport noch nicht einmal als ästhetisch klassifiziert werden. Denn traditionell galt der Sport nicht als ästhetisch, sondern wurde als eine ethisch relevante Betätigung klassifiziert (Bildung von Charakter und Gemeinschaftsgeist), das Ethische aber wurde als Gegensatz zum Ästhetischen angesehen. Somit zeigt schon die neuere…


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