HERMANN PFÜTZE
ÜBER DEM REALEN
Malerei, Zeichnung, Druckgrafik und Dokumente aus fünfzig Jahren
Haus am Waldsee, Berlin, 14.12.2003 – 29.2.2004
Gegen das Etikett “Surrealist” und gegen die Stilisierung zum “Wortführer des Berliner Nachkriegssurrealismus” hat Heinz Trökes sich zeitlebens gewehrt. Dennoch ist der Titel dieser Retrospektive treffend.
Die hier versammelten Bilder sind luftig, farbig und unanstößig “über dem Realen”, jedoch ohne Prätention und Pathos des Surrealismus als Programm und Weltanschauung. Trökes ist der Wirklichkeit nicht ausgewichen, aber sein malerischer Antrieb kam weniger aus den Anstößen und Nötigungen der Wirklichkeit, sondern vielmehr aus dem inneren Fundus praktischer Farb- und Formerfahrung. Wirklichkeit – das war zwar für Trökes vor allem, wie er selbst sagt, die “Imagination vor der leeren Leinwand” und die malerische Freiheit der unbelasteten Hand. Aber Grundlage und Bedingung dieser Wirklichkeit war für ihn immer, seit seiner Lehre bei Johannes Itten an der Werkkunstschule Krefeld 1933-1936, der “geistige Realismus” und die “Innensicht” der Dinge, also der psychosomatisch-ästhetische Prozess, den die Wahrnehmung von außen nach innen durchmacht. Während eines äußerlich eher unsteten Lebens, als Hochschullehrer an mehreren Orten, vielen Jahren auf Ibiza und ausgedehnten Reisen, war die systematische, empirische Erforschung der Farbigkeit der Natur und des Lichts, der ornamentalen Muster und dekorativen Stilistik im Kunsthandwerk anderer Kulturen das stabile Band. “Ob norwegische Stickerei, indische Saris oder indianische Ornamentik: alle verwenden den gleichen Fundus von Farben und Formen”. Das ist Trökes’ Erfahrungsschatz. Er malt weder nach noch ab, sondern seine Bilder sind organisch-mimetische Synthesen dieser empirischen Ästhetik.
Kandinskys Abstraktionen habe er “nie verstanden”, erinnert er sich, und…