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Ausstellungen: Köln · S. 315 - 316
Ausstellungen: Köln , 1990

Jürgen Kisters
Tim Scott

Galerie Wentzel, 4.3. – 21.4.1990

Stahl ist ein Material, das bereits in seinem rohen, industriell gegossenen Zustand voller Kraft steckt. Dieses Potential, vom Bildhauer aufgegriffen und in Formen gebracht, ist von einer Schwere und Mächtigkeit, die von keinem anderen Stoff in diesem Maße erreicht werden. Der Brite Tim Scott hat den extrem mühsam zu verarbeitenden Stahl seit einigen Jahren zu “seinem” Material gemacht (und sich damit weit von seinen früheren Plexiglas-Arbeiten entternt). Er dehnt und streckt, biegt und schneidet ihn wie andere Bildhauer Gips oder Ton.

Das traditionelle Modellieren hat er durch intensives Schmieden ersetzt.

Die Leichtigkeit, mit der im weichen Ton Spuren und Formen geschaffen werden können, erfährt im Stahl allerdings eine gewisse Schwerfälligkeit. Das Material setzt dem Künstler das äußerste Sichentgegenstellen gegenüber. Das markiert unübersehbar die Herausforderung, der Scott sich stellt, und einen Großteil der Faszination an den fertigen Formgebilden. Der Zustand extremer Erstarrung provoziert zunächst die Frage, welche Vorgänge ein solches Gewicht überhaupt zu wälzen imstande sind. Dieses “Geheimnis” weist auf den materialen und körperlichen Kern aller gestalterischen Prozesse und stellt die mühevolle Anstrengung in den Mittelpunkt des plastischen Wirkens. Der Künstler erscheint nicht als flinker Tänzer, sondern als grobklotziger Handwerker. Scotts Skulpturen entstehen nicht auf einen Wurf, sondern in ausdauernder Plackerei gegen einen zähen Widerstand.

Die wuchtigen Stahlmassen haben zumeist Tischgröße und sind jeweils aus mehreren Teilen zusammengeschweißt. Sie ergeben seltsame Formgebilde, die zugleich gegenstandslos-abstrakt und figürlich erscheinen und stets in einem “Dazwischen” verweilen. Sie erschließen sich aus keiner bestimmten Perspektive, sondem gleichermaßen von überall, im Drumherumgehen….


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