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Ausstellungen: Köln · S. 317 - 317
Ausstellungen: Köln , 1990

Jürgen Kisters
William D. Cooper

Galerie der Spiegel, März – April 1990

Die Welt steht kopf, und Wohnhäuser, Stahlkonstruktionen, Straßen, Laternenmaste und Fabriken stürzen verschlungen ineinander, wie von einem riesigen Sog erfaßt. Das dreht sich und kippt, führt in unausrechenbare bodenlose Schluchten. Die Kohlezeichnungen des Amerikaners William D. Cooper, ausgestellt in der Galerie Der Spiegel, werden auf diese Weise zu einer Achterbahnfahrt für die Augen.

Um die ganze Komplexität einer verschachtelten Umgebung zugleich zu erfassen, wird die gewohnte Perspektive verzerrt. Alles rückt äußerst nah zusammen und ist dennoch nicht mit einem Blick zu erfassen. Die Dichte der Szenerie dieser “Pittsburgher Landschaften” mutet unheimlich und phantastisch an: Straßen werden zu überhängenden Schleffen, Kathedralen scheinen schräg wegzukippen, die Gebäude schieben sich jeweils in andere Gebäude hinein. Das ist geprägt von fließenden Bewegungen, tiefen Licht-Schatten-Kontrasten. Jede Einzelheit (Autos, Bäume, Wolken, Wege) ist mit dem Ganzen wie mit einer grenzenlos formbare Masse verschmolzen.

Eine Erscheinung geht nahtlos in eine andere über. Die Wirklichkeit erweist sich in diesen Zeichnungen als scheinbar endlos dehnbares und verwandelbares Material, das wechselnde Gestalten hervortreibt, die sich gegenseitig abstützen und umstoßen verschlucken und verwirren. Im Herzen der Welt liegt ein Abgrund, den sich der vernünftige, in Sicherheit wähnende Alltagsblick nicht vorstellen kann und will. Im Traum allerdings wird dieser Abgrund spürbar.

Die vertrauten Grenzen der Orte und Gegenstände verfließen, wir stolpern in unwegsames Gelände hinein, werden von Löchern verschluckt, müssen über Hindernisse und seltsame Drehungen hinweg, stoßen binnen einer Zehntelsekunde auf zwei Punkte, die sonst weit voneinander entfernt liegen. Coopers äußere Landschaften sind insofern immer…


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