Rosa Windt
Zeichnungsräume
»Positionen zeitgenössischer Grafik«
Hamburger Kunsthalle. Galerie der Gegenwart, 30.4. – 30.10.2016
Am Anfang war die Zeichnung. Sie skizziert die Gedanken. Als früheste Zeichnungen gelten Höhlenmalereien der Neandertaler in Spanien und legen Zeugnis über vergangene Lebensweisen und die Verwendung von Symbolen als Kommunikationsform ab. Leonardo da Vinci verstand die Zeichnung als Gedankenexperiment zwischen Theorie und visueller Darstellung und zahlreiche Skizzenbücher zeugen von einem experimentellen Prozess. Um die Theorien bedeutender Theoretiker nachzuvollziehen, wird dem privaten Skizzenbuch in dieser Hinsicht große Bedeutung beigemessen und das Originalmanuskript gilt als Zeichen des unmittelbaren Genius in seinem Streben nach universeller Wahrheit. Im Hinblick auf eine spätere Veröffentlichung führten Künstler wie Paul Klee oder Joseph Beuys in dieser Tradition gezielt Tagebuch, um ihre theoretischen und visuellen Überlegungen endgültig zu manifestierten.
Die Ausstellung »Zeichnungsräume. Positionen zeitgenössischer Grafik« in der Hamburger Kunsthalle trägt in einer zweiteiligen Sammlungspräsentation Zeichnungen von 1950 bis 2016 zusammen, die als einendes Element das Verhältnis von Zeit und Raum behandeln. Dabei soll insbesondere betont werden, dass die Gattung der Zeichnung über einen intimen Studiencharakter hinaus, wie kaum ein anderes Medium, eine Entgrenzung bis hin zum digitalen und virtuellen Raum erfahren hat. Im zweiten Teil der Ausstellung (ab Nov. 2016) kombiniert das Künstlerduo Carolin Jörg und Michael Fragstein etwa Zeichnung und digitale Animation. Für ihre Arbeit »Der zweite Blick«, 2015 muss der Besucher den Bildschirm eines Smartphone o.ä. vor eine klassisch gerahmte Aquarellzeichnung halten, auf dem sich diese dann in verschiedenen — durch die Künstler animierten — Sequenzen weiter oder zurückentwickelt. Erst in spielerischer Bezugnahme des Rezipienten und…