Skulptur-Projekte Münster 07
Ästhetischer Widerstand – die Kunst als Bürgerin
von Hermann Pfütze
Die Geschichte der Auseinandersetzungen um die zeitgenössischKunst im öffentlichen Raum seit den frühen Jahren der Bundesrepublik kann als ein Drei-Runden-Konflikt beschrieben werden: einer ersten Runde des politischen, einer zweiten des ökonomischen und einer dritten des ästhetischen Widerstands gegen die Sieger der jeweils vorigen Runde. Anders als im Sport, überlagern sich hier die Runden zeitlich und thematisch, aber das Gewicht des konservativen politischen Widerstands gegen neue Kunst in der ersten, des ökonomischen Widerstands kunstsinniger Unternehmer gegen die öffentliche Hand in der zweiten und des demokratisch-ästhetischen Widerstands gegen deren Privatisierung in der dritten Runde ist deutlich.
1.Öffentliche Armut, künstlerischer Reichtum
In der ersten Runde, beginnend in den 50er Jahren mit der Documenta und öffentlichen Skulpturenprojekten, dominierten politischer Widerstand und populistische Angriffe gegen aktuelle Kunst, die noch stark in den Ressentiments und Klischees gegen die Avantgardekunst vor den Weltkriegen verankert waren. Die Verteidiger moderner Ästhetik und Gegenwartskunst hatten es noch lange schwerer als ihre Gegner. Polarisierende Auseinandersetzungen mit wochenlanger Resonanz gab es z.B. um das erste große Stadtraumprojekt erweiterter Kunstpraxis in Monschau 1970, um Niki de Saint-Phalles große Nanas am Leineufer in Hannover, um Wolf Vostells einbetonierte Cadillacs an einem zentralen Gemütsort der Berliner Autofahrer, und auch noch während der ersten Jahre heftigen politischen Widerstands gegen Christos Plan der Reichstagsverhüllung. Die wurde dann freilich, während zweier Wochen im Juni 1995, zum bislang schönsten und heitersten Sieg ästhetischen Widerstands gegen die politische und ökonomische Besetzung öffentlichen Raums.
Die zweite Runde, der ökonomische Widerstand reicher Privatsammler,…