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Monografie · von Johannes Meinhardt · S. 188 - 199
Monografie , 1999

Johannes Meinhardt
Ausstellung als Situation und Ausstellung der Situation

KARIN SANDERS INTERVENTIONEN UND ARBEITEN

Karin Sander hat, beginnend in der zweiten Hälfte der achtziger Jahre, eine `situative´ Ästhetik weiterentwickelt, deren Wurzeln in den sechziger Jahren liegen, in der völligen Umkehrung der Aufmerksamkeit, der Wahrnehmung und der Reflexion in der minimal art, in Fluxus, Happening und Aktionismus. Wo sich die ästhetische Aufmerksamkeit vorher, fast in der gesamten Moderne, auf das von seiner Umgebung unabhängige, in sich geschlossene und vollständig autonome Kunstwerk gerichtet hat, dessen ästhetische Eigenständigkeit nach Kriterien einer idealistischen Ästhetik verstanden, gedeutet und genommen wurde, verschob sich nach der Denunziation oder Enthüllung des Kunstwerks als visuelle Illusion, als mentale Täuschung und als spiritueller Trug die Aufmerksamkeit auf das, was das Kunstwerk umgibt, rahmt und einschließt: auf seine Umgebung, seine räumlichen Träger und Behälter, seine Beziehungen, seinen Ort in einer Architektur und seine Positionierung in einer Institution – auf seine Situation. Die neue Ästhetik, die sich auf den Raum, die Situation und die Institution mit all ihren unterschiedlichen Komponenten bezog und sie reflektierte, war keine Ästhetik im traditionellen Sinne des Wortes mehr: die absolute Unterscheidung zwischen dem Kunstwerk und seiner Umgebung, zwischen der geistigen Realität des Werkes und der materiellen Realität des Raumes, zwischen der Idealität und Notwendigkeit der ästhetischen Bedeutung und der Materialität, Kontingenz und Zufälligkeit der vorgefundenen Situation, zwischen der Zeitlosigkeit und Unveränderlichkeit des Werks und der `materiellen´ Zeit, dem Entstehen und Zerfallen der Gegenstände, Materialien und Räume war zusammengebrochen. Was vorher als Ästhetik nur mit geistigen Objekten zu tun hatte,…


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von Johannes Meinhardt

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