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Titel: Wilde Bilder - Graffiti Und Wandbilder · von Alfred Kottek · S. 88 - 116
Titel: Wilde Bilder - Graffiti Und Wandbilder , 1982

Bilder des Wandels

Wandmalerei in Portugal

von Alfred Kottek

Am 25. April 1974 ließen die portugiesischen Hauptleute ihre Panzer durch die Straßen Lissabons rollen. Da mit begann in der portugiesischen Gesichte ein neues Kapitel. Die Zäsur war so einschneidend wie wenige zu vor: das portugiesische Imperium hatte nach 500 Jahren aufgehört zu bestehen. Die Leute, die in den Straßen tanzten, dachten aber nicht daran. Sie pflanzten Nelken auf die Gewehrläufe der Soldaten, weil von ihnen die Last einer fünfzigjährigen Diktatur genommen war, die versucht hatte, das Volk in eine Zwangsjacke zu stecken. Jetzt waren die Maulkörbe gefallen. Auf allen Ebenen ein Neubeginn! Nur wenige waren auf demokratische Rechte und Spielregeln vorbereitet. Ungläubig und abwartend verharrten viele im Land und schauten auf die Bewegung der Streitkräfte MFA, die Portugal in die Demokratie zu führen versprach. Es war in diesem ersten Jahr der Herrschaft der MFA mit ihrem obersten Gremium, dem Revolutionsrat, daß die Militärs in Wirtschaft und Verwaltung eindrangen und mit dem Volk in Berührung kamen, die Barriere des Kasernentores überwanden. Sie erkannten, daß nach 50 Jahren Diktatur demokratisches Bewußtsein nicht vorhanden sein könne. So versuchten sie es zu aktivieren. Eine der überraschenden Initiativen waren die Wandmalereien, die an vielen Orten des Landes entstanden: meist in bunten, fröhlichen Farben die Verbundenheit der Streitkräfte mit dem Volk feiernd und natürlich den 25. April, den Tag der Revolution. Das Bewußtsein der Änderung sollte ins Volk und besonders in die Jugend getragen werden, und so wurden besonders häufig Kinder mit ihren naiven Zeichnungen die bunten Wimpelschwenker der…

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