Osnabrück
Enttäuschung
Kunsthalle 30.08.2020–14.02.2021
von Susanne Düchting
Das neue Leitungsteam der Kunsthalle, Anna Jehle und Juliane Schickedanz, beginnt programmatisch mit einem großem Jahresthema. Enttäuschung, diese starke und häufig lang anhaltende Emotion, wurde als prägend für unsere Gegenwart ausgemacht, als Reaktion auf nicht kommunizierte oder nicht erfüllte Erwartungen oder zerstörte Hoffnungen. In der öffentlichen und privaten Wahrnehmung bildet sie für viele Menschen – im Kleinen (individuell) wie auch im Großen (gesellschaftlich, strukturell) – zusammen mit dem wiederkehrenden Gefühl von Frustration und Ohnmacht den Grundtenor ihrer Erfahrung. Aber auch die weiteren Begriffsbedeutungen – aus einer Täuschung herausreißen, eines Besseren belehren, Desillusion – sind hier relevant, denn sie führen zu Fragen wie „Wer hat wen getäuscht oder enttäuscht? War es beabsichtigt oder versehentlich? Und warum? Weshalb oder auch wovon ist jemand enttäuscht – oder auch nicht?“ Auch wenn bei der Konzipierung die Corona-Krise noch keine Rolle gespielt hat, beeinflusste sie die Ausstellung in ihrer jetzigen Ausprägung zwangsläufig. Die sich ergänzenden fünf Einzelausstellungen mit unterschiedlichen Laufzeiten, das umfangreiche Vermittlungsprogramm sowie der Reader wollen einen Prozess anstoßen und einen interdisziplinären Diskursraum für ein möglichst diverses Publikum bieten – ob das nachhaltig gelingen wird, wird man erst im Rückblick beurteilen können. Der Thematik von Anfang an genügend Raum und Zeit einzuräumen, ist da nur von Vorteil.
Im ehem. Kirchenschiff dominiert am Ort des Chorraums eine riesige zweistöckige Raum-Installation in knalligem rosa. Die Künstlerin, Filmemacherin und Schriftstellerin Jovana Reisinger (geb. 1989 in München, lebt dort) hat im oberen Teil für ihre neue Video-Serie „Men in Trouble“ ein Film-Set für eine…
