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Fragen zur Zeit · von Michael Hübl · S. 44 - 47
Fragen zur Zeit ,

Fragen zur Zeit
Von Autos und Insekten

Michael Hübl
In der Kunst ist das Auto schon lange ein Auslaufmodell – mit aggressiven Folgen

Welch ein Sommer, was für ein Herbst! Autofahrer dürfen jubeln. Atemlos durch die scheinwerferdurchstoßene Dunkelheit – wow! Wann gab’s das schon: freie Windschutzscheibe die ganze Nacht, keine Mücke gegen das Glas gekracht. Freilich: Nur Zyniker können ob des ausbleibenden Insektenschwarms ins Schwärmen geraten. Was wie ein Wohlfühlfaktor mit Umweltschutznote (geringerer Wischwasserbedarf) empfunden werden mag, ist nichts weiter als ein Warnsignal. Ein wissenschaftlicher Befund wird Alltagserfahrung. „Der Rückgang von Insekten ist in Deutschland wie auch weltweit schon seit längerem zu beobachten. Es handelt sich um einen kontinuierlichen und bereits seit mehreren Jahrzehnten andauernden Prozess, bei dem sowohl die Häufigkeit von Insektenindividuen als auch die Artenvielfalt abgenommen haben“, konstatiert das Bundesamt für Naturschutz (BfN). Fliegen, Käfer, Schmetterlinge, Zikaden: Bei 45 Prozent dieser Kleinlebewesen sei der Bestand rückläufig, einzelne Arten seien sogar noch stärker bedroht.1

Die Ursachen für den Verlust sind vielfältig. Niemand wird wohl der Hypothese erliegen, das Insektensterben gehe ausschließlich auf das Konto von Kraftfahrzeugen mit Verbrennungsmotor. Aber das Auto ist zum Symbol geworden für einen technologisch-industriellen Prozess, der die Natur messbar schädigt. Lange war es (und ist es vermutlich für viele immer noch) ein Prestigeobjekt, ein Vehikel freier Persönlichkeitsentfaltung, die mit jeder Tankfüllung erneuert und erweitert werden kann. Mittlerweile jedoch heißt es „the route is being recalculated“. So nennt das De Pont museum im niederländischen Tilburg seine für die zweite Jahreshälfte 2020 konzipierte Ausstellung. Der Titel hat einen klaren Sachbezug:…

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