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Ausstellungen: Berlin · von Ingo Arend · S. 269 - 270
Ausstellungen: Berlin ,

Berlin
Studio Berlin

Berghain 09.09.2020–Dezember 2020
von Ingo Arend

„Morgen ist die Frage“. In großen, schwarzen Lettern steht das Motto an der Stirnseite des wuchtigen Bunkers auf dem verrümpelten Gelände zwischen Berliner Ostbahnhof und dem Plattenbau des „Neuen Deutschland“. An keiner anderen Stelle hätte die In-Situ-Installation von Rirkrit Tiravanija zu diesem Zeitpunkt besser gepasst als an dem Gebäude, das wie kein anderes zum kulturellen Wahrzeichen des neuen Berlins geworden ist: dem Club Berghain. Das Motto ruft den Präsentismus der feierwütigen Club- und Subkultur auf, für die das alte Fernheizwerk im Stil des Sozialistischen Klassizismus zur Ersatzheimat, Kirche und Fluchtburg geworden ist. Das Morgen war eine ferne, ungeliebte, hinausgeschobene Größe für die, die sich hier in den House- und Sex-Sphären verloren. Jetzt, wo selbst das Berghain pandemiebedingt schließen musste, strahlt Tiravanijas Banner menetekelgleich die Frage in den Himmel über Berlin, die die Welt bewegt: Wird es ein Morgen geben? Wer wird es erreichen? Und was werden Sie in diesem unerreichbar gewordenen Land vorfinden?

„Studio.Berlin“ – die von dem Berliner Kunstsammler und PR-Unternehmer Christian Boros und seiner Frau Karen auf Anfrage des Berghain kuratierte Kunstausstellung ist natürlich ein PR-Projekt. Dessen Erfolg sich schon daran zeigt, dass niemand der Besuchenden versäumt, Tiravanijas Banner als digitalen Gruß in die Welt zu senden. Doch die existenzialistische Wucht der Arbeiten in dem düsteren Gemäuer lassen diese Kritik verblassen.

Natürlich kommt auch diese Schau nicht darum herum, gleichsam Eulen nach Athen zu tragen. Simon Fujiwara spektakuläre, mit skurrilen Figuren bevölkerte Geisterschiffskulptur „SS Delirium“, mit dem der in Berlin lebende Künstler seine…

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