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Ausstellungen: München · von Heinz Schütz · S. 447 - 448
Ausstellungen: München , 2007

Heinz Schütz
Gilbert & George.

»Die große Ausstellung«
Kunst „konservativer Rebellen“

Haus der Kunst, München, 11.6. – 9.9. 2007

Ihr explizit formulierter Anspruch ist klar und deutlich: Gilbert & George wollen „Kunst für alle“, Kunst, die, fern selbstbezüglicher Formalismen, nicht nur ein elitäres Kunstpublikum anspricht, sondern Inhalte transportiert und alle betrifft. Ihr Anspruch geht so weit, dass sie den Vorschlag ablehnten, ihre von der Tate Gallery ins Haus der Kunst gewanderte Ausstellung „Retrospektive“ zu nennen, obwohl sie einen Überblick über ihre Kunst der letzten vierzig Jahre gibt: Der Begriff „Retrospektive“ lasse Nichtexperten womöglich an „Rakete“ oder „Rucola“ denken. So abstrus diese herbei fantasierte Assoziationskette auch sein mag, verweist sie zumindest darauf, dass im Sprachgebrauch der Mehrheitsbevölkerung Begriffe, die auf Essen und Gewalt verweisen, eine feste und Kunst(betriebs)termini so gut wie keine Rolle spielen. Abgesehen davon, dass die von Gilbert & George postulierte „Kunst für alle“ konsequenterweise auch die Präsentation und Distribution von Kunst in Museen und Galerien zu überdenken erforderte, stellt sich angesichts des Wohlwollens, das sie etwa mit ihrer Raketen-Rucola-Assoziation dem Horizont der Kunstignoranten entgegenbringen, durchaus die Frage, ob sie sich damit diesem Horizont unterwerfen. Die Antwort ist zweifellos nein. Sie bedienen keineswegs das mehrheitsfähige, über Expressionismus und Blauen Reiter kaum hinausgehende Kunstverständnis. Im Sinne ihrer Strategie der subversiven Affirmation, erklären sie sich mit dem Bestehenden einverstanden, um es zu unterminieren. Als ordentliche, das heißt hier: melancholische Anarchisten im Maßanzug betreiben sie die – wörtlich – radikale Selbstentblößung, als erfolgreiche Künstler versuchen sie die Außenseiterrolle weiterhin zu besetzen und vollziehen damit in…



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