HANS-JÜRGEN HAFNER
Jonathan Meese: Képi blanc, nackt
Schirn Kunsthalle, Frankfurt, 1.1. – 12.4.2004
“Mein größtes Ziel ist es, nicht nur in Bayreuth zu inszenieren, sondern auch ‘A Clockwork Orange II’ zu machen, …”
(Jonathan Meese im Gespräch mit Max Hollein)
1. Der installative Wildwuchs ist nicht zu stoppen. Jonathan Meeses gigantisch auf unzählige Material- und Referenzebenen ausgreifendes ‘Werken’ streckt sich ohne absehbaren Schlusspunkt immer weiter aus. Scheinbar (in der Sammlung Harald Falckenbergs) zur Ruhe gekommen, bläst der Künstler seinem Installationsset für den Ausstellungstransfer in die Schirn erneut Leben ein. Modifiziert die von Vielfalt der Elemente und Verweise strotzenden Räume – etwa “Casino Royal (Goldenes Skelett)” oder “Die Ordensburg ‘Mishimoend’ (Toecutters Mütze)”, beide von 2000 – mit pragmatischem Blick für den veränderten Standort und dessen Bedingungen: zu betreten über einen überraschend sparsam ausgestatten Korridor, einen präzise in die Rotunde eingehängten Vorlauf aus großformatigen Selbstporträt-Postern samt Textbeigaben, und einer konturlos schnell modellierten Tonskulptur. In die hautige Oberfläche der (völlig entpersonalisierten, wie maskenhaft leeren) Kopfform ist deutlich/vorausdeutend “BALTHYS” eingeritzt.
Von hier aus ließe sich bestens mit der Spurensuche quer durch die Beziehungen und Geflechte des “Képi blanc, nackt”-Environments (eigentlich eine Art Wohnung/ Organismus mit Gängen, Salon, Wasch- und Schlafräumen, sowie Arbeitszimmer) beginnen. Meese legt mit seinem Inventar aus Namen, Zitaten und Referenzen ja gerne Fährten aus; lädt damit zum freien Spekulieren, Assoziieren und Deuten ein. Gleich an den Korridor schließt motto-gerecht das “Chambre secréte de BALTHYS par Jonathan Meese” (2001) an. Neben nostalgischem Mobiliar organisieren eine Reihe von Bildern, Malerei und Zeichnungen, den Raum; sie zeigen…