Dieter Buchhart
Kendell Geers: Timbuktu
MAK, Wien, 4.10. – 19.11.2000
Geöffnete Leichensäcke hängen an den kahlen Wänden des Galerieraums im Kellergeschoss des Österreichischen Museums Angewandter Kunst. Die sechzig leuchtend orangen PVC-Hüllen sind auf das Notwendigste reduziert. An ihrer Vorderseite sind die langen schwarzen Reißverschlüsse geöffnet. Oben und unten sind jeweils zwei Plastikschlaufen zum Transportieren der Toten befestigt. Die Scheinwerfer sind in der Raummittelleiste montiert und leuchten die Säcke mit gleißendem Licht aus. Der Raum ist durch seine Abgeschlossenheit und die vielen Scheinwerfer aufgehitzt und steril.
Kendell Geers, “Enfant terrible der südafrikanischen Kunstwelt”, bezog sowohl die spezielle inhaltliche Ausrichtung des MAK als auch die veränderte politische Situation in Österreich in seine Präsentation “Timbuktu” ein. Den Ausgangspunkt der Ausstellung bildet die gleichnamige Stadt, die als Umschlagplatz und Knotenpunkt für “Gold, Wissen und Sklaven” zu höchstem Wohlstand gelang und heute zu einer bedeutungslosen Ruine in der Wüsten geschrumpft ist. Timbuktu ist zugleich auch Titel des kürzlich erschienenen Buchs Paul Austers als auch ein Software Programm, das dem Informationsaustausch zwischen einem Laptop und einem anderen Computer dient. Der Ausdruck für Informationsaustausch und modernes Nomadentum betrifft jedermann. Die BesucherInnen sind aufgefordert das Rätsel zwischen dem Titel der Ausstellung und der Installation “Song of a Pig” zu lösen. Wo fängt das eine an und wo endet das andere? Wo beginnt die Verantwortung eines Menschen, wo endet sie?
Geers offeriert keine vorgefertigten Antworten. Er gehört einer neuen Generation junger afrikanischer KünstlerInnen an, die ob Schwarz oder Weiß die Erfahrungen des Endes der Apartheid, des vormaligen Kolonialismus reflektieren und über neue postkoloniale…