59. Biennale Venedig Gespräche
Máret Ánne Sara
Rentiere – ein Signal der Hoffnung
Sabine B. Vogel: In der Skulptur sind Rentier-Embryos zu erkennen – ein Bild für Hoffnung oder Tod?
Máret Ánne Sara: Beides. Aber ich muss von vorne beginnen. Meine gesamte Arbeit hat mit unserem Kampf für unsere Rentierherden zu tun, der jetzt schon 7 Jahre läuft, mit drei Gerichtsklagen, von denen wir zwei gewonnen haben und die dritte verloren. Die Norwegische Regierung und das Parlament haben klar gesagt, dass sie nichts anerkennen werden, sondern immer das nationale Recht über alles stellen. Und das sieht vor, dass wir nach ihren Gesetzen eine vorgeschriebene Anzahl von Rentieren unserer Herden schlachten müssen – ohne Wissen und Rücksicht auf das gesamte Ökosystem, dem wir in unseren Traditionen folgen.
Meine Werke hier sind mein Weg, wieder einen Weg der Hoffnung, für mich, für unsere Gemeinschaft zu finden. Darum auch die aufgehängten Mägen und Därme von Rentieren – die ja in der Wissenschaft als zweites Gehirn des Körpers gelten. Aber auch die abstrakten Gefühle damit physisch sichtbar machen können.
Ist Ihr Beitrag in Venedig mit Ihrem Beitrag 2012 auf der documenta 13 verbunden, der ja auch das Schlachten der Rentiere thematisierte?
Ja, damals waren wir mittendrin, jetzt sind wir am Ende. Auch, weil der Klimawandel den Winter so stark verändert hat, es wechselt plötzlich zwischen Minus- und Plusgraden, dadurch schmilzt der Schnee schnell und friert wieder – wodurch die Tiere nicht mehr an das Futter kommen. 2020 war ein entsetzlicher Winter, so viele Tiere sind…