Markus Brüderlin
Maria Nordman – De Lucerna
Kunstmuseum, Luzern, 9.5. – 28.6.1992
Das Ineinanderspiel von Kunst und Raum müßte aus der Erfahrung von Ort und Gegend bedacht werden.” Wüßten wir nicht, daß Heidegger 1969 diesen berühmten Satz in einem Katalog für die Skulpturen von Chilida geschrieben hatte, so könnte man meinen, er beschriebe eine Arbeit von Maria Nordman. Die 1943 in Schlesien geborene und heute in Kalifornien lebende Künstlerin bearbeitet seit Mitte der sechziger Jahre die Wahrnehmbarkeit der Identität von Ort als gesetzter “Einheit von Hier und Jetzt”(Hegel) und verknüpft diese Erfahrung mit der urbanen Realität unserer geschäftigen und betriebsamen Welt. In ihren architektonischen Konstruktionen, die zumeist aus dualistischen Raumkonstellationen von Innen und Außen, abgedunkelter Box und offenem Kubus bestehen, schafft sie sogenannte “open spaces” (offene Orte), die in ihrer gleichzeitigen Selbstbeschlossenheit und situativen Verankerung in einer “Gegend” auch als Aggregate für psychische und kommunikative Grundsituationen gedeutet und benutzt werden können.
Für den botanischen Garten in Hamburg konstruierte Nordman 1991 einen auf Stelzen stehenden Pavillon, dessen eine Hälfte mit schwarzen Paneelen verdunkelt und die andere mit farbigem Glas verschalt waren. Nur vier vertikale Schlitze und eine quadratische Öffnung im Boden ließen das Tageslicht in die Black Box einströmen, während in dem offenen Teil der Benutzer von einer bequemen Sitzbank aus durch die roten, grünen und gelben Gläser die Außen-Wirklichkeit durch die sprichwörtliche rosa Brille wahrnehmen konnte. Einen Monat zuvor war dieser Pavillon – in seine Bestandteile zerlegt – im westfälischen Landesmuseum in Münster, also gleichsam im “musealen Schutzraum” als gleichwertigem Zustand einer Skulptur,…