Franz Thalmair
Markus Schinwald
»Abirrung von der Intention«
Lentos Kunstmuseum Linz, 28.10.2011 – 12.2.2012
In früheren Jahren, als ich Hausbesuche bei Patienten noch häufiger machte als gegenwärtig, geschah es mir oft, daß ich, vor der Tür, an die ich anklopfen oder anläuten sollte, angekommen, den Schlüssel meiner eigenen Wohnung aus der Tasche zog, um – sie dann fast beschämt wieder einzustecken“, schreibt Sigmund Freud im Kapitel „Das Vergreifen“ seiner Studie „Zur Psychopathologie des Alltagslebens“. Was der nicht unumstrittene Vater der Psychoanalyse vor zwei Jahrhundertwenden anhand von Selbst- und Fremdbeobachtungen auszuforschen versuchte – die „unzweckgemäße Abirrung von der Intention“ und unmittelbar daran geknüpfte motorische Fehlleistungen des menschlichen Körpers – stehen seit Jahren im Mittelpunkt Markus Schinwalds vielfältiger künstlerischer Arbeit. Nun zeigt der in Wien und New York lebende Künstler im Lentos Kunstmuseum eine Einzelausstellung, die sein Interesse am menschlichen Körper – seiner kulturellen Kodiertheit, seinen anatomischen Konventionen, seinen möglichen und unmöglichen Bewegungsmustern und seiner Disziplinierungen durch die Gesellschaft – in einem brillanten Vexierspiel aus Raum, Objekt und Inszenierung vorführt.
Bereits beim Betreten der Ausstellung werden BesucherInnen von „Ron“ (2011) empfangen. Die etwas disproportionierte und aus genau diesem Grund beklemmend menschlich wirkende Marionette, deren dunkler Anzug sackartig auf dem eckigen Körper hängt, wird von einem einfachen Motor betrieben. Ron hebt und senkt seinen Fuß unaufhörlich. Tapp, tapp, tapp leitet er in ein Ausstellungsdisplay ein, das sich aus Versatzstücken der Mode-, Film- und Kunstwelt zusammensetzt und dessen architektonisches Verwirrspiel die psychologische Komponente Markus Schinwalds Arbeit einmal mehr unterstreicht: ein wenig Laufsteg, ein wenig Stellwand, eine von…