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Titel: Fiktion der Kunst der Fiktion · von Julia Wirxel · S. 154 - 159
Titel: Fiktion der Kunst der Fiktion , 2010

Susanne Düchting, Julia Wirxel
MAY BE

Die Lüge als/im Display

Kann denn Lüge Wahrheit sein? Wirklichkeit und Möglichkeit, Schein und Sein, Imagination und Fiktion, davon handelt Kunst. Die in Lügen.nirgends ausgestellten Künstlerinnen und Künstler erzählen Geschichten, mit unterschiedlichen Strategien. Mal bedienen sie sich dazu einer dokumentarischen Formsprache und kombinieren Worte (gesprochene, geschriebene) und Bilder (Fotografie, Film, Zeichnung, Objekt, Installation). Mal wird behauptet, dass nicht alles wahr ist, was schlüssig erscheint, mal wird „gelogen“, um die Systematiken der Wahrheitsfindung zu entlarven.

Aber wie definiert man Lüge? Wie Wahrheit? Seit Augustinus wird die Intention des Lügenden, also die mehr oder weniger bewusste Entscheidung für eine falsche Aussage, als Definition für eine Lüge herangezogen. Aber genau dies birgt auch das Problem ihrer Verifizierbarkeit, denn was für den einen eine Lüge ist, das ist für die andere eine Flunkerei, für den nächsten ein Kompliment. So unterschiedlich können die inneren Ansichten und Absichten sein. Wahrheit und Lüge sind (von außen und innen, von verschiedenen subjektiven Standpunkten betrachtet) ununterscheidbar; Unwahrheit und Lüge existieren nur, wenn man den Maßstab der Wahrheit anlegt. Im 18. Jahrhundert wurde die Lüge moralisch umgewertet. Dem Gedanken des niederländischen Rechtsphilosophen Hugo Grotius, daß zwischen den Menschen ein stillschweigender allgemeiner Vertrag, die Wahrheit zu sagen, abgeschlossen sei, widerspricht Kant: „Die Neigung sich zurückzuhalten und zu verbergen, beruht darauf, daß die Vorsicht gewollt hat, der Mensch soll nicht ganz offen sein, weil er voller Gebrechen ist. […] denn wenn alle Menschen gut wären, so dürfte keiner zurückhaltend seyn; da das aber nicht ist, so müssen wir unsere…


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