Hermann Pfütze
Wiederkehr der Landschaft
und Verschwinden der Natur
Akademie der Künste, Berlin, 13.3. – 30.5.2010
Ohne Städte keine Landschaft – denn Städte greifen in die Natur ein und machen daraus Landschaft. Auch die von Zersiedelung, Erosion und Müll zerstörte Natur ist ein heute weltweit verbreiteter Landschaftstyp. Mit den Städten entstanden Landschaften als menschenfreundliche, kultivierte Natur (schon Orpheus sang davon) in Distanz zum Eigenleben der unwirtlichen Natur. Landschaften sind Ausdruck unseres gesellschaftlich vermittelten Naturverhältnisses. „Wiederkehr der Landschaft“ heißt mithin nicht Wiederkehr der Natur, sondern meint ein erneuertes kulturelles Verhältnis zwischen Stadt und Landschaft auf der Grundlage eines ökologisch denaturierten, hybriden Naturbewusstseins.
Auf Erfahrung und Begriff der Landschaft als Kulturprodukt wird im ersten Teil der Ausstellung eingestimmt: „Die Landschaft im Kopf“ zeigt Filmsequenzen, ausgewählt von Claudia Lenssen, und eine Sammlung schöner und verstörender Literaturzitate auf Hängetafeln, zusammengetragen von Hubertus Fischer. Dabei sind berühmte Worte über Landschaft von Morgenstern, Kleist, Döblin, Thomas Mann und Walter Benjamin, Verse von Nelly Sachs und Mascha Kaléko, aber auch verstörende Sätze von Ruth Klüger über die Landschaftslosigkeit in den KZs und wüste Blut-und-Boden-Sprüche von Nazi-Planern über die „Umgestaltung der Ostgebiete in deutsche Kulturlandschaften“.
Das Zentrum der künstlerisch und wissenschaftlich gleichermaßen geglückten Ausstellung, kuratiert von Donata Valentien, Landschaftsarchitektin und Direktorin der Sektion Baukunst der Akademie der Künste, ist der zweite Teil: „Lernen von Venedig und Las Vegas“. Venedig hat die Delta- und Lagunenlandschaft erschaffen, und Las Vegas hat die Wüste als Landschaft erschlossen. Als Kultivierungsprozess und Distanzierung der Natur gelang das in Venedig einige Jahrhunderte, in Las Vegas einige Jahrzehnte….