Image Capital
2. Geheime Agenten – Die Überwacher überwachen
von Sabine Maria Schmidt
In einer Zeit allgegenwärtiger Überwachung und Bildaufzeichnung beschäftigt sich eine wachsende Zahl von Fotokünstler*innen damit, zu ergründen, was es bedeutet, permanent zu beobachten und beobachtet zu werden. Seit zwei Jahrzehnten erfolgt systematische Beobachtung auch zunehmend automatisiert oder ohne konkreten Auftrag. Wer dokumentiert wen? Und warum? Welche Bilder entstehen dabei und was bedeuten sie? Oder besser: wie lassen sie sich heute noch deuten? Diente Überwachung doch ursprünglich dazu, handfeste Beweismittel zu beschaffen. Doch wer traut noch Bildern im Spiel oder Wettstreit von fiktionalen und realen Gegenwelten?
Selbstüberwachung – Sophie Calle
Die Serie The Shadow (1981) ist zu einem Klassiker der konzeptuellen Fotografie geworden. Es sind kommentierte Schnappschüsse eines Detektivs, der eine Frau bei ihrem Gang durch die Straßen von Paris verfolgt.
„Gemäß meinem Antrag ist meine Mutter im April des Jahres 1981 zur Detektei Duluc gegangen. Sie hat den Auftrag erteilt, mich zu observieren, einen schriftlichen Bericht darüber anzufertigen, wie ich meine Zeit verbringe, und eine Reihe von Fotos als Beweise aufzunehmen“, kommentierte die französische Künstlerin Sophie Calle.1 Zudem bat sie zusätzlich einen Bekannten, den engagierten Verfolger bei seiner Tätigkeit zu observieren und dieses ebenso fotografisch zu dokumentieren. Sophie Calle geht systematisch, gleichsam wie eine Forscherin vor, die Spurensicherung betreibt, um die eigene Identität und die von anderen zu ergründen und um die Wahrheit der Bilder zu befragen.
Dabei werden die Bilder, die an die Ästhetik des Film Noir erinnern, in ihrem Werk oft Ausgangspunkt für eine suggestive Erzählung. Im Juli 1983 fand Sophie…