Renate Puvogel
Norbert Tadeusz
“Akte – in transitu”
Galerie Gmyrek, 4.12.1 987-30. 1 . 1 988
Der Galerist Wolfgang Gmyrek betreut seine Künstler so kontinuierlich und erfolgreich, dass er immer wieder thematische Ausstellungen, retrospektive Überblicke oder Teilaspekte aus dem Werk einzelner Künstler ins Programm einschieben kann. So hat er augenblicklich Arbeiten von Norbert Tadeusz unter dem Titel “Akte – in transitu” aus den Jahren 1962 bis heute zusammengestellt. Ausstellung samt Katalog belegen auf faszinierende Weise, wie Tadeusz dem traditionsreichen Thema des überwiegend weiblichen Aktes durch die Jahre hindurch immer neue kompositorische und inhaltliche Aspekte abgewinnt.
In dem frühesten Gemälde von 1963 liegt der weibliche Akt in die Landschaftskontur geschmiegt, ruhend wie der Leichnam Christi in einer “Predella”, so der Titel. Ein Spalt im “Roten Vorhang” von 1966 läßt das Licht keilförmig ein und versetzt die auf einem Dreisitz zusammengekauerte Nackte in einen harten Hell-Dunkelkontrast von Hopperscher Einsamkeit und Leere. Auf dem “Triptychon” von 1973 ist die weibliche Figur zur Bildfigur innerhalb eines Bildes an der requisitenreichen Atelierwand geworden; wie sie den Kopf gesenkt hält und mit weit ausgestreckten Armen eine Strumpfhose spannt, ähnelt sie einer Gekreuzigten. – In der “Piano Bar” von 1973 vollführt sie ihren Strumpf-Tanz auf der Kippe der schummrigen (Welt-)-Bühne, während sie in “Bärchen” von 1979/85 zu körperlosen, schwellenden Linien eines kleinen Plastikhäkchens gerinnt. In der “Tadeusz- Szene I” von 1987 endlich windet sie sich auf dem Tisch wie ein Knäuel, genauso wie die tierischen Fleischberge im Hintergrund der offenen Treppenempore.
Zum Motiv des Aktes ist das des Tierleibes hinzuzurechnen, denn…