Christian Huther
Richard Diebenkorn
Retrospektive 1949 – 1985
Kunstverein/Städel, Frankfurt, 26.6. – 23.8.1992
Richard Diebenkorn drehte sich im Laufe seiner künstlerischen Existenz im Kreis. Der abstrakte Expressionist (Jahrgang 1922) begann in den späten 40er Jahren nach einigen figurativen Versuchen mit abstrakten Bildern, später wandte er sich der Figuration zu, um ab 1967 zur Abstraktion zurückzukehren. Zur Figuration kam er aus Unzufriedenheit: “Etwas fehlte mir, ich fühlte eine Leere; mir war, als arbeite ich vor Publikum.” Später meinte er, daß die Landschaft formbar und einfacher zu handhaben sei als die Figur, und kehrte folgerichtig zur Natur zurück.
Eine Retrospektive des Frankfurter Kunstvereins – wegen eines Umbaus auf den Städel-Neubau ausgewichen – stellte nun aus dem schmalen Werk rund 50 zwischen 1949 und 1985 entstandene Gemälde vor. Es ist die erste europäische Ausstellung seit Diebenkorns Auftritt auf der venezianischen Biennale 1978, die als einzige deutsche Station (nach London und Madrid) in Frankfurt zu sehen war. Die chronologische Hängung, umklammert vom Spätwerk, ermöglichte einen guten Blick auf seine durchlaufenen Wechselbäder zwischen Figur und Abstraktion.
Diebenkorn, eigentlich ein Spätimpressionist, ist vor allem von der Landschaft und dem gleißenden Licht Kaliforniens geprägt, wo er den größten Teil seines Lebens verbrachte. Anfangs stand er unter dem Einfluß von Arshile Gorky und Bonnard, später wurden ihm Clifford Still und Willem de Kooning wichtig. Sein ganzes Werk aber ist, wenn auch in wechselnden Phasen, übermächtig von Henri Matisses Farbpalette beeinflußt, zeigt daneben deutliche Anklänge an Edward Hopper. Diebenkorns abstrakte Gemälde bis 1955 sind flächige, aus einzelnen geometrischen Flecken zusammengesetzte Gebilde, durchzogen von organischen…