CHRISTOPH RIBBAT
SMOKE GETS IN YOUR EYES, ODER:
WIE ICH LERNTE, ÜBER FOTOGRAFIE ZU SCHREIBEN, OHNE ROLAND BARTHES ZU ZITIEREN
Barthes. Benjamin. Barthes. Benjamin. Barthes. Benjamin. Je ambitionierter sich heutzutage ein Text über Fotografie gibt, desto mehr hat er oft von einem Tennisspiel. Weil Zitate und Zitierte allzu bekannt sind, ähnelt er allerdings keinem aufregenden Match, sondern eher einer Partie zweier phlegmatischer Grundlinienspezialisten auf durchfeuchtetem Sandplatz, die über leider weitaus mehr als fünf Sätze stets die gleichen Ideen ins andere Halbfeld schlagen. Das Publikum, gekommen, um brillante Lobs, smarte Passierschläge und tollkühne Netzangriffe zu sehen, gähnt, nickt ein und träumt von John McEnroe.
Es ist schade, dass über Fotografie oft so unteramüsant und so übertheoretisiert geschrieben wird. Es ist extrem schade, weil die Fotografie selbst so gar nichts mit dem schnöseligen Tennis zu tun hat. Wenn es überhaupt Parallelen zum Sportiven gibt, dann eher zum Fußball oder zum Tanz. Fotografie ist eine demokratische Praxis, die von jedem ausgeübt werden kann: ohne viel Kapital, ohne Trainerstunden, ohne vorherigen sozialen Aufstieg. Wer seine 9×13-Abzüge, glänzend, beim “dm” um die Ecke bestellt, der ist zwar meilenweit entfernt von Wolfgang Tillmans und Richard Billingham, könnte aber doch, in einem glücklichen Moment, ein großartiges Bild produziert haben, das den Werken der beiden Künstler ebenbürtig ist. Genauso kann ein Teenager, der in einer Lüdenscheider Diskothek zu Jennifer Lopez tanzt, dreieinhalb Minuten lang genauso viel Anmut und körperliche Präsenz zeigen wie die TänzerInnen von Pina Bausch. Und so kann auch ein bewegungslegasthenischer Kreisliga-C-Fußballer in der Stern-Sekunde seiner sonst düsteren…